
Money makes the world go round – Demokratie als Flickenteppich / Freiheit ist nicht nur für eine bestimmte gesellschaftliche Gruppe zu gewährleisten!
„Die Gefahr für die Demokratie besteht darin, dass die Abgeordneten und ihre Sprecher sicherlich von Zeit zu Zeit über die Wahrheit stolpern, aber sich meist schnell wieder aufraffen und ignorant weitermachen wie gehabt.“ JWB
„Eine Gesellschaft, die alle Lebensbeziehungen den Gesetzen des Marktes unterwirft, trägt Anzeichen von totalitärer Ideologie, die lebensgefährlich ist für den Staat.“ – Johannes Rau, Süddeutsche Zeitung 14./15. Januar 2005
„Die Macht ist nicht etwas, was man erwirbt, wegnimmt, teilt, was man bewahrt oder verliert; die Macht ist etwas, was sich von unzähligen Punkten aus und im Spiel ungleicher und beweglicher Beziehungen vollzieht.“ Michel Foucault
Alles bleibt – anders!
Demokratie, wie sie mittlerweile von den Regierungen gehandhabt wird, ist nur noch ein Flickenteppich, der übrigbleibt beim Gerangel um die Pfründe und Pöstchen und alle notwendigen Veränderungen verhindert, verursacht von faulen Kompromissen oder Ablehnungen aufgrund der Blockadepolitik durch Parteien und der Koalitionen im Bundesrat.
Demokratie wird von den Abgeordneten nicht mehr so verstanden, in gemeinsamer Anstrengung und parteiübergreifender Kooperation die wirksamsten Problemlösungen zu finden, um Armut zu verringern, die Klimaschutzziele zu erreichen, die Ungerechtigkeit in der Gesellschaft zu minimieren, die Bildungs- und Ausbildungsziele mit Respekt für die Fähigkeiten und Fertigkeiten durch gemeinsam vereinbarte Entlohnung zu betrachten, Arbeitssicherung und wertschätzende Einkommen zu gestalten und die Umsetzung der Grundrechte zu gewährleisten.
Stattdessen wird Klientelpolitik betrieben, die im Zusammenspiel der Koalitionspartner sowie des Verhältnisses von Bundestag und Bundesrat sich gegenseitig blockiert, das Verhalten auf die Schwächung der politischen Gegner maximiert, die Möglichkeiten der Einflussnahme der finanzkräftigeren Klientel erhalten und ausweiten hilft und die eigene Politikerkarriere vorantreibt.
Als Ergebnis kommt dann der Reformstau zustande, der verhindert, dass sich gesamtgesellschaftlich die Lebenssituation verbessert. Der eindimensionale Blick der Bundes- wie Landesregierungen, beeinflusst und in großen Teilen gesteuert vom Lobbyismus, der den finanzstarken Einfluss- und Interessensnehmern Macht verleiht und oft genug die Abgeordneten zum Büttel dieser Gesellschaftsschicht und der Fraktionsführungen macht, ist Ursache für eine immer stärkere Hilfslosigkeit der Regierungen, die zu vielen Baustellen der Politik führt und immer deutlicher von den Menschen wahrzunehmen ist.
Zu Lasten der meisten Menschen wird das kranke System dieser nur noch formal so genannten Demokratie weiter aufrechterhalten. Das wird für jeden Beobachter nachvollziehbar, wenn die Verteilung der Belastungen und finanziellen Bürden betrachtet wird, die zur Bewältigung der Kosten für den Klimaschutz, den Staats-Schuldenabbau (bedingt durch die Pandemie), die zur Erneuerung der Infrastrukturen in Verkehr, Digitalisierung, Bildung und Gesundheitswesen, sowie bei der Alterssicherung wie Rente und Altenbetreuung angegangen werden müssen.
Dazu sind die Einnahmen des Staates durch neue und wieder einzuführende Steuern – insbesondere als Vermögenssteuer, reformierte Erbschaftssteuern, Transaktionssteuern für Börsen- und Anlagevermögen – zu steigern. Wer diese Steuern ablehnt, wie dies die FDP verkündet, betrügt die Menschen! Denn wenn auf der Einnahmeseite keine Veränderungen vorgenommen werden, dann kann nur auf der Ausgabenseite eingespart werden. Also fast alle Bereiche der Daseinsvorsorge und der Gemeinwohlaufgaben des Staates werden Kürzungen oder Verboten erleiden müssen, ansonsten ist eine Gegenfinanzierung nicht möglich. Das wird die Spaltung der Gesellschaft und die Kinder- und Altersarmut weiter vorantreiben.
Und selbst wenn die Ampelkoalition sich zu Steuererhöhungen durchringen sollte, die CDU/CSU als Haupt-Verursacher dieses Status quo des Negativen (als Wahlverliererin abgewählt), werden durch ihre Beteiligung an den Regierungen in einer Reihe von Bundesländern die Zustimmung des Bundesrates zu Steuererhöhungen ablehnen. Die Blockadepolitik dient dann nicht aufgrund von Vernunft begründeten Fakten der Problemlösung, sondern ist allein zur Schwächung des politischen Gegners vorgesehen. Die Verantwortung, dem Souverän nach besten Möglichkeiten zu dienen, wird nicht wahrgenommen und beiseite geschoben. Nur der eigene Machterhalt und die Machtgewinnung stehen im Vordergrund. So funktioniert Demokratie als Staatsform nicht mehr!
Über den Tellerrand der eigenen Gesinnung hinausschauen zu können und die Folgen des Gesinnungshandelns zu berücksichtigen und verantwortungsvoll die Aufgabe, temporär die Macht ausüben zu dürfen, heißt letztlich in einer gesunden Demokratie, dass
- … es keine Freiheit gibt, wenn sie nicht vom Staat geschützt wird; und umgekehrt: nur ein Staat, der von freien Bürgern überwacht wird, kann diesen überhaupt ein vernünftiges Ausmaß an Sicherheit gewähren.“ – Karl Raimund Popper
- „Freiheit findet sich nur dann, wenn man die Macht nicht missbraucht; aber es ist eine ewige Erfahrung, dass jeder, der Macht hat, ihrem Missbrauch geneigt ist; er geht so weit, bis er auf Schranken stößt. So unwahrscheinlich es klingt: Selbst die Tugend bedarf der Begrenzung.“ – Charles de Montesquieu
- Und es darf nicht vergessen werden, dass das Problem der Freiheit nicht nur ein quantitatives, sondern auch ein qualitatives ist! So hat Freiheit dort ihre Grenzen, wo die Freiheit der anderen eingeschränkt wird, in dem diese dann nicht mehr aus Armut ein gelingendes Leben führen können. „
Wer also als Partei oder politischer Funktionsträger in bestimmten Ämtern (Bundeskanzler, Ministerpräsident oder als Beamter in der Exekutivverwaltung) agiert, Gesinnungshandeln bevorzugt, Klientelpolitik fördert und Privatisierungen bevorzugt, handelt unsolidarisch und gefährdet das Grundprinzip der Demokratie.
„Hannah Arendt hat als erste vorgeschlagen, die Demokratie als ›Bündnis‹ zwischen freien und gleichwertigen Bürgern, die sich im öffentlich-politischen Raum anerkennen, neu zu bestimmen. Es geht ihr um einen Pakt/Vertrag des Zusammenlebens, der weder fiktiv ist, noch als definitiv akzeptiert gelten kann, sondern der permanent im Handeln auf der Basis gegenseitigen ›Vertrauens‹ reaktiviert werden muss und der – gegebenenfalls auch durch Verfassungsreformen – jedes Mal zu rekonstruieren ist, sobald der stille Konsens seitens neuer Generationen aufgekündigt wird bzw. neue Akteure Zutritt zur politischen Bühne verlangen.“ Quelle: HWPh – Sandkühler
Ergänzung
Die Geringschätzung, die von nicht wenigen Abgeordneten (hier sei auf die Abgeordneten im Bundestag verwiesen, die ihre Position in keiner Weise im Sinne ihrer Aufgabenübertragung vom Wähler ausgeübt haben und sogar in dubiosen, möglicherweise strafbewehrten Tätigkeiten verwickelte waren) praktiziert wurde im letzten Parlament, widerspricht dem demokratischen Ethos.
So formuliert Frido Mann (Enkel von Thomas Mann) in Aussage zu seinem Buch („Democracy will win„) zurecht, dass unsere freiheitliche Demokratie das dem modernen Menschenbild (Menschenwürde/Menschenrechte/Grundrechte) am meisten entsprechende politische Instrumentarium für das Ringen um die Umsetzung der unversehrten Würde eines jeden Menschen und für die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit sei! Der Kern einer offenen, pluralistischen und lebendigen Demokratie sei der zwischenmenschliche Dialog.
Er sei die Grundlage für den Aufbau eines verantwortungs- und vertrauensvollen Miteinanders, welche gleichzeitig wachsam gegen Hass, rassistische Gewalt, soziale Ungerechtigkeit, Krieg und Umwelt- sowie Klimazerstörung!
Die so verstandene Demokratie als Staatsform habe die Aufgabe, die parlamentarisch repräsentative und die Elemente direkter Demokratie miteinander zu verbinden und zu leben! Nur so könne in einer Demokratie eine Balance zwischen freier Entfaltung der Persönlichkeiten und der gemeinsamen Verantwortung gelingen.
Genau daran wird sich die neue Regierung messen lassen müssen, inwieweit es ihr gelingt, der immanent geschwächten Demokratie wieder auf die Beine zu helfen, in dem die Anteile der direkten Demokratie (Bürgerräte mit Entscheidungskompetenzen und gleichwertig neben dem Parlament) installiert und gestärkt werden. Dann lassen sich Wachsamkeit gegen Hass, rassistische Gewalt, soziale Ungerechtigkeit, Krieg und Umwelt- sowie Klimazerstörung zur Verteidigung der Gesellschaft und einer Demokratie wirksam installieren.
Damit „Alles bleibt – anders“ einen real vernünftigen Inhalt erhält, lautet die notwendige und hinreichende Interpretation so: Alles Demokratische (auch als Staatsform/Gesellschaftsvertrag im Sinne des Grundgesetzes) bleibt!
Anders werden muss das Verhältnis von direkter Demokratie (Bürgerräte mit Entscheidungs- nicht nur Beraterfunktion!) und parlamentarischer Demokratie und dies dann auch gesetzlich gefestigt werden. Nicht mehr Hinterzimmer-Politik mit intransparenten Gesprächspartnertreffen ist der Weg der Stärkung unserer Demokratie, sondern Transparenz über die Tätigkeiten eines jeden Abgeordneten (als Kontrolle durch den Souverän) und mit nachvollziehbaren Fußspuren der lobbyistischen Kontakte zu ermöglichen.