Johannes von Heinsberg – Bildsprache – Wortsprache

Fotografie und Philosophie – Sehen und Erkennen

Angriffskrieg bleibt Angriffskrieg – Kriegsverbrechen bleiben Kriegsverbrechen und Terror bleibt Terror

Ostermärsche standen einmal symbolisch für die Friedensbewegung – heute ergreift selbst die Friedenstaube die Flucht vor der skrupellosen Gewalt der Angriffskriege und Kriegsverbrechen und Terroranschläge

Um es klar und deutlich zu machen: Russland hat den Angriffskrieg gegen die Ukraine begonnen. Punkt! Das bleibt auch nach nunmehr zwei Jahren Krieg!

Die Verantwortung für den Angriffskrieg gegen die Ukraine liegt bei Putin und seiner Regierungs-Entourage. Ebenso liegt sie bei diesen Personen und Gruppen für die Kriegsverbrechen, die in der Ukraine begangen wurden und noch begangen werden. Von der Wagner- und Prigoschin-Gruppe (*) bis zur Bande um Kadyrow und den originären Truppen der Armee.

(*) (Mittlerweile ist der Chef der Gruppe nach einem Aufstand gegen Putin, der abgebrochen wurde, bei einem mysteriösen Flugzeugabsturz ums Leben gekommen.)

Die historisch belegten und in relativer geschichtlicher Nähe begangenen Kriege anderer Nationen sind jeweils in ihrem eigenen Licht der Verantwortung zu betrachten. Diese immer wieder als Argumente für eine „Verteidigung“ Putins und seines Angriffskrieges gegen ein souveränes Land einzubringen, ist nicht nur infantil, sondern entbehrt jeder Legitimation. Da helfen auch keine Lügen und Propaganda.
Die Motive der geführten Kriege sind oft die gleichen: die der geopolitischen Machterweiterung. Die Rüstungsindustrie, die für die Umsetzung dieser Ziele die Waffen liefert, frisst die finanziellen Ressourcen der direkt beteiligten und betroffenen Nationen. Indirekt lösen Kriege immer auch weltweit Krisen, Hungersnöte und Leid aus. Darüber hinaus sind die wirtschaftlichen und ökologischen Belastungen Auslöser für Krisen, wie wir sie gerade erleben.

Wann ist die Friedensbewegung wieder als demokratische Kraft wirksam?
Eine Friedensbewegung ist in der Vermeidung von Kriegen im Vorfeld immer eine mehr als notwendige Kraft. Deshalb sind die Menschen in jeder einzelnen Nation dafür verantwortlich, die Machtkonzentration auf Egomanen, Tyrannen und Autokraten zu verhindern und sich für Mitbestimmungsstrukturen einzusetzen, die dies ermöglichen, bevor mal wieder alles zu spät ist.

Wenn dies versäumt wurde und es zu Machtkonzentration wie in Nordkorea, in der Türkei, in China und auch in Russland und Weißrussland kommt, dann müssen die anderen Nationen und ihre Verbündeten in der Lage sein, einen solchen Angreifer in seine Schranken zu verweisen. Notwehr und Selbstverteidigung ist ein Recht, das in Anspruch genommen werden darf.

Die Argumentationen auf den Kopf zu stellen und einen Angriffskrieg zu verteidigen, wie Russland ihn gegen die Ukraine begonnen hat, ist nicht nur kindisch, sondern destruktiv und wenig überzeugend. Auf einige – ehemals aufklärende Plattformen – haben sich die Vorzeichen geändert. Dazu gehören querfrontartig sowohl die ehemals als links-liberal verortete Nachdenkseiten (NDS), wie auch die rechts-national-konservative Achse des Guten (Achgut).

Eine Täter-Opfer-Umkehrung ist keine Dialektik, auch wenn sie so verpackt erscheint. Die Desinformationen scheinen sich von links bis rechts zu verbreiten, und sind in ihrer Wirkung zumindest virulent brandstiftend und einem Aggressor wie Putin dienlich. Lügen und Fehlinterpretationen zu verbreiten, macht die Verbreiter nicht unschuldig. Entweder sind sie unfähig, dies zu erkennen, oder sie agieren bewusst so, dann sind zu kritisieren für ihre Desinformationen.

Volker Eichener beschreibt die Vorgehensweisen in seinem Essay: Russlands Krieg gegen die Ukraine: Kann man mit habituellen Lügnern verhandeln? auf der Plattform Ruhrbarone!

Viktor Orbán und deutsche Intellektuelle fordern, eine Verhandlungslösung mit Russland zu finden, um den Krieg in der Ukraine rasch zu beenden. Solche Forderungen zeigen, dass wir mit der russischen Kultur des Lügens, des vranyo (враньё), nicht vertraut sind. Im Gegenteil, deutsche Putin-Freunde haben selbst schon die Kultur des Lügens übernommen, indem sie Verschwörungstheorien konstruieren, die dazu beitragen, dass die Wahrheit an sich destruiert wird. Welchen Wert hätte überhaupt ein Friedensvertrag, der mit einem habituellen Lügner abgeschlossen würde?“ (Gastautor Volker Eichener ist Professor für Politikwissenschaft an der Hochschule Düsseldorf)  

Wie solche Verschwörungshetze funktioniert und weshalb sie geglaubt wird, formuliert Volker Eichener in seinem Essay „Russlands Krieg gegen die Ukraine: Kann man mit habituellen Lügnern verhandeln?“:

Verschwörungstheorien verletzen sämtliche wissenschaftlichen methodologischen Regeln. Und sie wimmeln von logischen Fehlern, obwohl sie sich durch Verwendung von Konjunktionen wie „weil“ oder „deshalb“ den Anschein logischer Argumentationsketten geben. Aber die Schlüsse, die sie ziehen, sind in der Regel Fehlschlüsse, insbesondere:

  • Cui-bono-Fehlschluss: Weil jemandem ein Ereignis nutzen mag, ist nicht gesagt, dass der Nutznießer das Ereignis auch verursacht hat. Beispiel: „Selenskyj kann durch die Explosion im Hafen von Odessa die Russen der Aggression bezichtigen. Also hat er sie selbst inszeniert.“
  • Argumentum ad ignorantiam: Eine Behauptung ist nicht deshalb wahr, weil es (noch) keine Beweise gibt, welche die Behauptung widerlegen. Beispiel: „Das war eine ukrainische Sprengladung, die im Hafen von Odessa explodiert ist. Es gibt keinen Beweis, dass es eine russische Rakete war. Die Videos, die vom Meer aus anfliegende Raketen zeigen, sind gefälscht.“
  • Tu-quoque-Fehlschluss. Ein Verbrechen wird gerechtfertigt, weil andere auch Unrecht getan haben (sollen). Tatsächlich bleibt Unrecht Unrecht, unabhängig davon, ob andere auch Unrecht tun. Beispiel: „Ja, eine russische Rakete mag Zivilisten getötet haben. Aber die Ukrainer haben im Donbass einen Völkermord begangen.“ [Was nebenbei nicht stimmt, sondern die Ukraine wehrte sich gegen Angriffe durch russische Rebellen und von Russland organisierte Angriffe, zudem auf ukrainischem Territorium]                  
  • Ad-hominem-Fehlschluss: Die Gültigkeit von Aussagen wird bestritten, weil die Person, die sie geäußert hat, angegriffen wird. Beispiel: „Weil Wolodymyr Selenskyj Auslandsvermögen verschleiert hat, ist nichts von dem wahr, was die Regierung der Ukraine behauptet.“
  • Argumentum ad verecundiam: Eine Behauptung wird damit begründet, dass sie von angeblichen Autoritäten geteilt wird. Beispiel: „Dass die Ukraine den Angriff inszeniert hat, haben selbst arabische und indische Medien bestätigt.“ Abgesehen davon, dass die zitierten Autoritäten meist zweifelhaft sind, beweist das nichts, da sich auch Autoritäten irren können.
  • Non-sequitur-Fehlschluss: Es wird eine Behauptung mit einer Tatsache begründet, die gar keine Ursache dafür darstellt. Beispiel: „Die Ukraine hat den Angriff selbst verübt, weil  sie mit westlichen Waffen versorgt worden ist.“ Das mit der Waffenversorgung stimmt, aber es hat nichts mit Angriff, sondern mit Verteidigung zu tun.

Aus dem Drama-Dreieck von Opfer-Täter-Helfer-Rollen kann nur herausgefunden werden, wenn das Zurücktreten aus dieser Spirale und der Blick aus der Meta-Perspektive auf diese Spirale geworfen wird. Der diplomatische Kanal für diese Meta-Perspektive darf auch in Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine nicht geschlossen werden.

Wenn jedoch ein Krieg begonnen wurde, dann ist Selbstverteidigung das Recht jedes Angegriffenen. Und dann folgt unweigerlich das, was immer in jedem Krieg passiert: Das Leid der Menschen nimmt noch mehr überhand, als es im kriegslosen Normalleben schon von den meisten Menschen weltweit erlebt werden muss.

Und wie im Beitrag „Krieg oder kein Krieg“ des Kolumnisten Hartmut Finkeldey auf „tell Online“ zwar diskursiv angesprochen: Aber Krieg kann niemals nur das kleinere Übels sein! Entscheiden muss sich jedoch jeder in dieser Situation – aber sich genauso der Konsequenzen bewusst sein! Auf die verweist Finkeldey in seinem Text, in dem er George Orwell zitiert: „We have become too civilized to grasp the obvious. For the truth is very simple. To survive you often have to fight, and to fight you have to dirty yourself. War is evil, and it is often the lesser evil. Those who take the sword perish by the sword, and those who don‘t take the sword will perish by smelly diseases.“
„Wir sind zu zivilisiert geworden, um das Offenkundige zu sehen. Denn die Wahrheit ist sehr einfach. Um zu überleben, muss man häufig kämpfen, und wenn man kämpft, macht man sich schmutzig. Krieg ist böse, nur ist er häufig das kleinere Übel. Wer zum Schwert greift, wird durch das Schwert umkommen, und wer nicht zum Schwert greift, stirbt durch faule Kompromisse.“
(Quelle: tell Online-Magazin)

(Und  nur rund 1,5 Jahre später trifft der Verweis Finkeldeys hinsichtlich George Orwells Aussage auf das nächste Drama zu: Die Terrororganisation Hamas hat Israelis überfallen und bestialisch massakriert. Punkt! ) 

Es bleibt die Frage offen, wie lange es Gültigkeit hat, dass Wort und Schrift und Friedensmärsche das „argumentative Schwert“ sein können, bevor dieser Ansatz dann seine Wirkung verfehlt? Eine Wahrheit haben Menschen schon vor unseren Krisenzeiten aus Erfahrung formuliert: „Es kann der bravste Mensch nicht in Frieden leben, wenn der böse Nachbar es nicht will!“ 

Und am Ende bleiben nur wieder noch mehr Leid, Zerstörung, Verbrechen und Traumata für Generationen übrig. 

Ein Angriffskrieg kann niemals legitimiert werden – UN-Charta und Kants Schrift „Zum ewigen Frieden“

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