Johannes von Heinsberg – Bildsprache – Wortsprache

Fotografie und Philosophie – Sehen und Erkennen

3. Juli 2021
von JvHS
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Hoffnung als Konzept der Problemlösung?

“Die Wurzel der Geschichte aber ist der arbeitende, schaffende, die Gegebenheiten umbildende und überholende Mensch. Hat er sich erfasst und das Seine ohne Entäußerung und Entfremdung in realer Demokratie begründet, so entsteht in der Welt etwas, das allen in der Kindheit scheint und worin noch niemand war: Heimat.“ – Ernst Bloch

“Der Sinn von Politik ist Freiheit.” – Hannah Arendt – Was ist Politik? 

“Diese neue Situation, in der die »Menschheit« faktisch die Rolle übernommen hat, die früher der Natur oder der Geschichte zugeschrieben wurde, würde in diesem Zusammenhang besagen, dass das Recht Rechte zu haben oder das Recht jeden Menschen, zur Menschheit zu gehören, von der Menschheit (auch den Abgeordneten) selbst garantiert werden müsste.” – Hannah Arendt – Elemente und Ursprünge totaler Herrschaft

“Was uns bevorsteht, ist die Aussicht auf eine Arbeitsgesellschaft, der die Arbeit ausgegangen ist, also die einzige Tätigkeit, auf die sie sich noch versteht. Was könnte verhängnisvoller sein?”  Hannah Arendt -Vita activa oder vom tätigen Leben, S. 12 

“Eine Welt, die Platz für die Öffentlichkeit haben soll, kann nicht nur für eine Generation errichtet oder nur für die Lebenden geplant sein; sie muss die Lebensspanne sterblicher Menschen übersteigen.” – Vita Activa oder vom tätigen Leben”

 

Hoffnung ist differenzierbar in „ich hoffe“ als Prinzip des Lebens/des Daseins (im Gegensatz zu „Planen“ ) mit der Gefahr, in Fatalismus abzugleiten, dass alles von einem „Anderen“ vorbestimmt und geleitet wird im Sinne „was erwartet mich“ mit dem Ergebnis, es stoisch zu ertragen. – Sowie „ich hoffe, dass“ im Sinne von „was erwarte ich“ und dazu brauche ich Erinnerung, geschichtliches Wissen, objektivierbare Erkenntnis und Analyse dessen, was geschehen ist.

  

Zitat 1:

„Wer im weiten Sinne hofft, der bangt um einen glücklichen Ausgang, und bei Aufhebung der Ungewissheit wäre dieses hoffende Bangen in Enttäuschung oder freudige Sicherheit übergegangen. Erfüllte H. im engeren Sinne unterscheidet sich davon insofern, als solches ›hoffen‹ dem Erhofften selbst ein Moment von Unbestimmtheit lässt und nicht lediglich der Frage seines Eintretens (analog zur Hegelschen Unterscheidung von Zweifelslehre und ­Skepsis). Der Sache nach scheint die Polarität des ersten Brennpunkts mit dem Unterschied zwischen der H. als ­Leidenschaft resp. ­Affekt (die durch die ­Vernunft geleitet werden muss; die Stoiker und Spinoza bilden die Hauptreferenzpunkte) und H. als­ Tugend resp. »Richtungsakt kognitiver Art« (Bloch) übereinzukommen: im ersten Falle ist der Gegenbegriff zu H. ­Furcht, im zweiten Fall Planung.“ Zitat aus: Hoffnung / Enzyklopädie Philosophie (2010)

Zitat 2:

„Grundlage der Kantischen Bestimmung von H. ist seine Drei- resp. Vierteilung des Feldes der Philosophie in Metaphysik, Moral, Religion und Anthropologie gemäß den drei resp. vier Fragen, in denen sich alles Interesse der Vernunft vereinigt:

  1. Was kann ich wissen?
  2. Was soll ich tun?
  3. Was darf ich hoffen? und
  4. Was ist der Mensch?

Entscheidend dabei ist, dass die dritte Frage »praktisch und theoretisch zugleich« ist; die Zusammenstimmung von theoretischer und praktischer Vernunft vollzieht sich weder in einem Wissen noch in einem Wollen, sondern in einem Hoffen.“ Zitat aus: Hoffnung / Enzyklopädie Philosophie (2010)

Zunächst sind die Möglichkeitsbedingungen zu analysieren und ggf. zu schaffen, um die Frage:  „Wie wollen wir leben?“, beantworten zu können. Hilfreich dazu dürfte sein, das Konzept der Befähigung (Capability Approach)  zur Mitgestaltung der Bedingungen voranzutreiben, wie sie von Amartya Sen und Martha Nussbaum entwickelt wurden, um globale Gerechtigkeit zum Durchbruch zu verhelfen. Bezogen auf Deutschland sind folgende Arbeiten lesenswert: Zwischen Wunsch und Wirklichkeit und Soziale Arbeit sowie Der capability approach als integrativer Theorierahmen.  

Obwohl die rheinische Form der Hoffnung gerne und oft zitiert wird: „Et es noch emmer jot jejange“, ist dieses Postulat das Gegenteil zum Befähigungskonzept und von gestaltender Vita activa. (Hannah Arendt)

Offen bleibt für die Debatte über Hoffnung als ein Konzept zur Lösung der aktuellen Probleme, ob wir Ernst Blochs Feststellung: das, was »allen in die Kindheit scheint und worin noch niemand war: Heimat«, dereinst erreicht haben werden!

Philosophiegeschichtlich haben sich nachfolgende Philosophen mit dem Begriff Hoffnung auseinandergesetzt. In Kernsätzen soll dazu kurz eingegangen werden (Quelle: Philosophie Magazin 04/2021):

Aristoteles: 

„Die Gegenwart ist Gegenstand der Wahrnehmung, die Zukunft Sache der Hoffnung, die Vergangenheit Gegenstand der Erinnerung.“

Apostel Paulus als Urchrist:

„Hoffnung meint das Vertrauen auf Gott, der die Toten lebendig macht.“

Baruch de Spinoza:

„Hoffnung (als irrationaler Affekt!) ist die unbeständige Freude, die aus der Idee eines zukünftigen oder vergangenen Dinges entspringt, über dessen Ausgang wir in gewisser Hinsicht zweifelhaft sind.

Hannah Arendt:

„Es besteht Hoffnung, weil mit jedem neuen Menschen und mit jeder Handlung ein Neuanfang gemacht werden kann, der das Alte durchbricht.“

Albert Camus

„Das Leben hat keinen metaphysischen Sinn, wenn wir auch stets danach suchen. Aus dieser Absurdität gibt es zwei Fluchtwege: Suizid oder Hoffnung. Stattdessen sollten wir das Dasein wie Sisyphos heroisch ertragen.“

Ergänzung:

Ein verheerendes Verständnis von „Befähigungsansatz“ nach FDP-Provenienz gibt nachstehender Link zu einem Gespräch zwischen einem Intensiv-Pfleger und Wolfgang Kubicki wider, in dem nachvollziehbar wird, wie weit Politiker und Abgeordnete vom realen Leben der Menschen weg sind, aber durch die  – von jenen gutsituierten Einkommensempfänger gemachten –  Gesetze extrem beeinflusst wird. Es wird sichtbar, dass das System der parlamentarischen Demokratie kaum noch Interessensvertretung der Menschen, die von Lohneinkommen leben müssen, vornimmt und gewährleistet. Eine weitere direkte Einflussnahme parallel zum Parlament als Korrektiv und als Kontrolle der Umsetzung des Grundgesetzgeistes ist dringend notwendig.

19. Juni 2021
von JvHS
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Meinungsfreiheit – manche Politiker wünschen sich die Bedeutung: frei von Kritik und unbehelligt von Analysen zu regieren

„Die Wurzel der Geschichte aber ist der arbeitende, schaffende, die Gegebenheiten umbildende und überholende Mensch. Hat er sich erfasst und das Seine ohne Entäußerung und Entfremdung in realer Demokratie begründet, so entsteht in der Welt etwas, das allen in der Kindheit scheint und worin noch niemand war: Heimat.“ – Ernst Bloch

I have a dream – Martin Luther King

I have a dream – proklamierte Martin Luther King in seiner berühmten Rede am 28.08.1963! Ein Traum, der präzisiert und sprachlich kommuniziert wird, der Handlungsanleitungen einschließt und Hoffnung auf Veränderung vermittelt, ist prototypisch für die Formulierung einer Utopie. Bestandteil jeder Utopie sind die Gegenentwürfe zu bestimmten Formen und Normen innerhalb von  Gesellschaften. Für Martin Luther King waren diese in 1963 noch immer Rassismus und Unterdrückung der Bevölkerungsteile, die nicht weißer Hautfarbe waren. 

Meistens sind die Gegenentwürfe zum Thema „Wie wollen wir zukünftig leben?“, wie sie Martin Luther King in seiner Rede vorbrachte, die Forderung nach einem gerechteren Gemeinwesen und die Verbesserung des Lebens für benachteiligte Teile der Gesellschaft auch durch eine Daseinsfürsorge, die vom Staat als grundgesetzliche Aufgabe umzusetzen ist. Wer diesen Gedanken zum Maßstab nimmt, um die Gegenwart – wie sie sich nach 15 Monaten Pandemie-Ausnahmezustand mit Einschränkung der Grundrechte darstellt –  zu bewerten, wer in den letzten 40 Jahren   (32 davon unter den Kohl- und Merkel- Kanzlerschaften der CDU/CSU) die Regierungsverantwortung hatte,  dann kann nur der Schluss gezogen werden, dass die Schere zwischen Arm und Reich immer weiter auseinander gegangen ist, weil die Orientierung auf das Wohl der Wirtschaft einseitig den Blick auf die Bedürfnisse der anderen Gesellschaftsteile in engen Grenzen hielt.

Aus der Daseinsfürsorge hat sich die CDU/CSU immer weiter zurückgezogen und stattdessen der Privatisierung den Weg geebnet zulasten des Großteils der Bevölkerung. Die Nachteile einer Parteien-Demokratie, in der zu viele Mitglieder der eigenen Partei in Positionen kommen, für die sowohl der Sachverstand wie auch die Verantwortlichkeit fehlen. Erst recht fehlt dieser Persönlichkeitspart, wenn dann zu dem noch am Posten festgehalten wird. Beispiele für dieses Versagen sind quer durch den Parteienverbund von CDU/CSU zu finden. Im Rahmen der Pandemie-Bewältigung sind Spahn und seine Entourage ebenso zu nennen, wie im Rahmen des Mautskandals der Schuldentreiber Andreas Scheuer.

In seinem Hauptwerk „Das Prinzip Hoffnung“ (ursprünglich vorgesehen mit dem Titel „The dreams of a better life“ und geschrieben im Zeitraum 1938 bis 1947 im amerikanischen Exil) hat Ernst Bloch eine konkrete Utopie beschrieben.

„Die Wurzel der Geschichte aber ist der arbeitende, schaffende, die Gegebenheiten umbildende und überholende Mensch. Hat er sich erfasst und das Seine ohne Entäußerung und Entfremdung in realer Demokratie begründet, so entsteht in der Welt etwas, das allen in der Kindheit scheint und worin noch niemand war: Heimat.“ – Ernst Bloch

Bei der Beantwortung der Frage „Wie wollen wir zukünftig nach der Pandemie leben?“ geht es also um die Gestaltung der Welt zu einer „Heimat für alle“. Aus der Sicht des Autors ist Heimat als Lebensbasis zu verstehen, in der Solidarität nicht als Ausnahme, sondern als Normalität und Handwerkszeug der Gemeinschaft betrachtet wird. 

Was aber bedeutet Solidarität konkret? In der Enzyklopädie Philosophie (herausgegeben von HANS JÖRG SANDKÜHLER)  verweist der Begriff Solidarität mit seinen Querbezügen zu den Themen Gerechtigkeit, Fürsorge, Sozialethik, Vernunft, Demokratie, Staatsformen, Menschenrechte, Grundrechte, Gesellschaftstheorie, Kapitalismus/Neoliberalismus, Eigentum/Besitz, Ökonomieform, Ökologie, Diskursethik/-fähigkeit, Wertschätzung und bürgerliche Gesellschaft auf die Komplexität als Grundwert hin, der in der Bedeutung alle genannten Bereiche des Gesellschaftsvertrages zu berücksichtigen hat und umgekehrt diese Bereiche die Solidarität als unabdingbaren Bestandteil akzeptieren müssen.

Das Teilen (auch als Teilnahme) – der Ressourcen, der Verantwortung, der Mitbestimmung – wird somit zur maßgeblichen Handlungsanleitung. Das „Ich“ teilt das Leben mit dem „Wir“. 

Wer aus diesen Perspektiven die Welt betrachtet, wird erkennen, dass die Bedingungen für diese zuvor beschriebene Weltgestaltung durch Solidarität in der Realität der Politik der Konservativen kaum akzeptiert werden. Stattdessen wird von den Verantwortlichen in den Regierungen der letzten vier Jahrzehnte das „Ich-Prinzip“ und das „Haben-Weltbild“ in den Vordergrund gestellt. Statt Eigentum verpflichtet, wird Eigentum zum Zweck der Profitvermehrung verstanden. 

Alle Versuche der gesetzlichen Regulierung werden von der Fraktion der CDU/CSU blockiert oder so verwässert, dass, wenn  ein neues Gesetz zustande kommt, dieses mehr Lücken zur Umgehung enthält, um den alten Status Quo zu erhalten.  Exemplarisches Beispiel für das Vorgehen der CDU/CSU-Fraktion in dieser Legislaturperiode ist die Verwässerung der Regulierung der Grunderwerbssteuer.

Um nicht nach der Pandemie wieder in das „Weiter-so-wie-bisher“ zurückzufallen, dem auch Armin Laschet allem Anschein nacheifert, darf und muss sich der Aufarbeitung der Pandemie und der dort beobachtbaren Versagen der Politik zuwenden, ergebnisorientiert zwar, jedoch offen für die Teilnahme von Bürgerräten als Beteiligungsform außerhalb der gewöhnlich Aktiven wie Lobbyisten und Abgeordnete. 

Gedanklich zum Thema Solidarität, wie diese weiterhin auch nach der Pandemie einbezogen werden kann, diskutierte im Rahmen der TV-Reihe „Demokratie Forum – Schloss Hambach“  Michel Friedman  mit seinen Gästen darüber, wie Solidarität gelingt. Mit ihm diskutieren Medizin-Ethikerin Alena Buyx, Politikwissenschaftler Rainer Forst und Psychologin und Glücksforscherin Maike Luhmann.

„Seit Beginn der Corona-Pandemie ist ein Wort omnipräsent: Solidarität. Forderungen nach Solidarität sind allgegenwärtig – ganz aktuell die Forderung nach Solidarität zwischen Geimpften und Ungeimpften.“ (Quelle: ARD Mediathek) 

8. September 2020
von JvHS
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Ausgewählte Archiv-Texte aus den Jahren 2018 – 2023

 

3. April 2018
von JvHS
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Schönheit einer Kulturlandschaft, die Heimat sein könnte!

„Die Wurzel der Geschichte aber ist der arbeitende, schaffende, die Gegebenheiten umbildende und überholende Mensch. Hat er sich erfasst und das Seine ohne Entäußerung und Entfremdung in realer Demokratie begründet, so entsteht in der Welt etwas, das allen in die Kindheit scheint und worin noch niemand war: Heimat. ( Ernst Bloch – Prinzip Hoffnung)

Gefährdet ist die Geschichte ebenso wie der Mensch selbst – gehört er einer bestimmten, nämlich wenig selbstbestimmten gesellschaftlichen Gruppe an! Und damit ist nicht zuletzt die Demokratie als Staats- und Gesellschaftsform gefährdet. Entwurzelt sind zu viele Menschen, weil ihnen die Arbeit genommen wurde und deswegen auch die Möglichkeit, als Schaffender und Gestaltender die eigenen Gegebenheiten (Sozialisation) umzugestalten, um somit seinen Lebensentwurf zu verwirklichen.

Entfremdet von den ihn umgebenden Gesetzen wie Hartz IV, von Fremdbestimmtheit und von den gesellschaftlichen Konzepten der wenigen, einflussreichen Vermögenden und der falschen Heilsverkündern á la AfD-Populisten und Diktatoren á la Trump, Orban und Erdogan. Denn letztere bauen die freie Meinung, die unmanipulierten Wahlen, den Rechtsstaat und die Freiheit der Andersdenkenden ab. 

Es sind die von Armut betroffenen Menschen, für die es keine Arbeitsplätze geben wird, weil die einfachen Tätigkeiten längst verlagert oder abgebaut wurden. Es sind die Entlohnungskonzepte des Niedriglohnsektor Deutschland, dessen Aufgabe es nicht zuletzt ist, die Angst des Mittelstandes zu schüren. Und es ist die Sozialneidkampagne, welche die Regenbogenpresse und das Privatfernsehen schüren, die schon so oft gezündet hat, wenn das kritische Augenmerk zu sehr auf die verheerende Wirkung der Realität für die eine Million Langzeitarbeitslosen und die rund sieben Millionen Hartz IV-Aufstocker gelegt wurde. 

Passend dazu kommt die Unfähigkeit und Überforderung der meisten Menschen, den Datenfluss mit falschen, halbwahren und zu schnell verbreiteten Informationen zu filtern und mittels eines die Fakten prüfenden Blickes korrekt einzuordnen. Wer kann die Messung und die korrekte Einschätzung der wirtschaftlichen und politischen Realität mit seinen Wahrnehmungen noch leisten im Alltag? Die Menge und der kurze Takt überfordern jeden Menschen, wie wissenschaftliche Untersuchungen belegen. Jeden Menschen – auch den gewählten Abgeordneten! Der Ausweg wird nicht selten gesucht im Ersetzen der Fakten durch Gesinnung. Anstelle der objektiven Prüfung der Gegebenheiten tritt das vorgefertigte Bild des vorschnell Urteilenden, verbreitet auch durch die Medien, die sich dem Diktat der Agenturen und des Verleger-Weltbildes beugen.

Das Gefühl ersetzt die Realität. Und die Lüge, die schnell verbreitet wird, ist nicht selten als Machenschaft von den Geheimdiensten in die Welt gesetzt worden. Eine Strategie zur Ablenkung von der Bedrohung der Macht der Regierenden, wie bei Theresa May in 2018 oder zur Erreichung der Rache- und Expansionsziele wie bei George W. Bush in 2003. Der äußere Feind wird zum Sündenbock – Russland in diesem Jahr, Irak in 2003. Die Brandstifter haben wieder Konjunktur und Krieg zu schüren gehört zum Handwerkszeug der Vernebelung. 

Realität und objektive Wahrnehmung treiben immer mehr auseinander – statt Vernunft nur noch die negativen Gefühle von Hass, Gier, Neid und Rache, die  zur Gewalt gegen gruppenbezogene Menschenfeindbilder führen. Der Rechtsruck ist in Gang gesetzt und die Populisten spielen ihr Lied auf der Leier der niedrigen Emotionen. 

Welche Antworten wird es geben auf die Fragen: wie binden wir die Millionen von Menschen ein, für die die Arbeitsgegebenheiten nicht mehr vorhanden sind? Die große Veränderung kommt erst noch, wenn auch die Berufe erfasst sind, für die noch ein hoher Bildungsabschluss notwendig ist! Die Auswirkungen der künstlichen Intelligenz (KI) sind noch gar nicht erfasst und in die Entwicklung der Gesellschaft eingespeist! Von rund 4000 Berufsbildern und ihren Kerntätigkeiten kann die Digitalisierung bei durchschnittlich rund 75 % aller Tätigkeiten und Fertigkeiten den Menschen ersetzen! Die Industrie und die Konzerne als Kapitaleigner erhöhen Produktivität und Gewinne, an denen dann noch mehr Millionen Menschen nicht mehr beteiligt sind. Wie wird dann die Beteiligung an den gesellschaftlichen Kosten verteilt sein? Wer von diesen den Gegebenheiten entfremdeten Menschen darf dann wie noch existieren?

Und wir sind dann wieder weiter entfernt von dem „…worin die Kindheit weist, aber noch nie jemand wirklich war: der Heimat!

26. April 2017
von JvHS
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Du lebst und bist, was du tust und wie du denkst!

„Die Welt ist alles, was der Fall ist.“ (Wittgenstein)

Überzeugungsdenker – welche Stufe unterscheidet sie vom Überzeugungstäter? – sind in ihrer Wirkung, auch auf philosophischem Gebiet höchst ambivalent. Wittgenstein bekannte sich zum Schluss seines philosophischen Arbeitens dazu, dass sein Versuch der Abbildung von Welt mittels sprachlich eindeutiger Sachverhalte wesentliche Teile von Welt nicht erfasste. So war es nur folgerichtig, dass er zum Schluss in seinem Tractatus logico-philosophicus zuvor formulierte: Wovon man nicht sprechen kann, darüber muss man schweigen.“ Auch wenn er schlussendlich nachfolgendes entgegensetzte:
Ich weiß,… scheint einen Tatbestand zu beschreiben, der das Gewusste als Tatsache verbürgt. Man vergisst eben immer den Ausdruck >Ich glaubte, ich wüsste es<„ 

Diesen Rat erteilen möchte man nicht selten auch anderen, vor allem jenen, die die Welt formen und Taten beschlusseshalber durch andere vollbringen lassen – z.B. Politiker, die bedenkenlos einem Angriffskrieg zustimmen, oder Daseinsvorsorge in die
Privatisierungsmaschinerie
übergeben! Eine gesunde Skepsis ist angebracht, vor allem gegen die Privatisierung des Guten und Hilfreichen.

Kants Vermächtnis: „Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!“, ist ein Leitfaden, den die Abgeordneten in den Parlamenten sich hinter die Ohren schreiben sollten.

Noch mehr allerdings jene, die sich von den Fundamentalisten einspannen lassen für ihre verbrecherischen Taten, sei es jetzt auf der Basis der religiös verbrämten Mordaufträge, oder als Aufruf zur rassistischen Brandstiftung. Die Selbst- und Fremdtäuschung ist ein hartnäckiger Bestandteil menschlichen Fehlverhaltens. Solange es sein eigenes Leben betrifft, ist dies zu verschmerzen. Wenn es
jedoch Einfluss auf das Leben anderer nimmt, ist diesem Einfluss die Grenzen aufzuzeigen. 
Für die politischen Entscheidungen sind die Grenzen durch Mehr Demokratie und Volksentscheide zu ziehen! 

Auf jenes Denken zu verweisen ist notwendig, auch um Gegenöffentlichkeit zu schaffen, die einem weiteren Abbau von Freiheit entgegentritt. Die Kraft der vierten Gewalt als Korrektiv ist seit langem in mißbräuchliche Hand geraten. Die wichtigsten Medien als Eigentum in der Hand weniger Familie ist fatal für den Gesellschaftsvertrag: Demokratie.

Von der sagt Michael Klonovsky (AfD-Berater, reaktionärer Neuer Rechter): „Demokratie ist eine Staatsform, die [bisher] nirgendwo existiert.“  (Im Kontext seiner Gesinnung darf unterstellt werden, dass „jenes, was nicht existiert, ignoriert werden muss…?“ Die Perfidie einer Propaganda, die ganz nach Art und Provenienz Goebbel`scher Propaganda stinkt.) 

Ernst Bloch formulierte als Prinzip Hoffnung: Hat er [der Mensch] sich erfasst und das Seine ohne Entäußerung und Entfremdung in realer Demokratie begründet, so entsteht in der Welt etwas, das allen in der Kindheit scheint und wo noch niemand war: Heimat.“
Was muss man tun, wenn der beste Gesellschaftsvertrag von Stümpern, Gaunern und Handlangern vertreten wird? Dann muss dies benannt werden und man muss sie wieder loswerden mit allen gerechten, rechtsmäßigen Menschenrechtsmitteln.

Verweise auf Tucholsky sind ebenso hilfreich wie auf Jandl, weil beide den Krieg verachten und die Kriegstreibenden gleich mit.

„Unsere Gemeinschaft gleicht einem Gewölbe aus Stein, das einstürzen würde, wenn die einzelnen Steine sich nicht gegenseitig stützten und so das Gewölbe hielten“, formulierte Seneca, den Kommunitarismus im Sinn. In der Politik und seinen Strukturen die Gemeinschaft auf einen kleinen Teil der Gesellschaft zu begrenzen, wie mit den Freihandelsverträgen, die sich der Kontrolle der Gemeinschaft entziehen wollen, ist jedoch das Gegenteil von dem, was Seneca den Menschen mitteilte.

In unserer Welt des Wegsehens und der Mitläufer auf allen Ebenen, formulierte Hannah Arendt noch treffender im legendären Abschlusssatz ihrer Vorlesung „Über das Böse“:
Diese Indifferenz stellt […] die größte Gefahr dar, auch wenn sie weit verbreitet ist. Und damit verbunden und nur ein bisschen weniger gefährlich ist eine andere gängige moderne Erscheinung: die häufig anzutreffende Tendenz, das Urteilen überhaupt zu verweigern. Aus dem Unwillen oder der Unfähigkeit, seine Beispiele und seinen Umgang zu wählen, und dem Unwillen oder der Unfähigkeit, durch Urteil zu Anderen in Beziehung zu treten, entstehen die wirklichen ’skandala‘, die wirklichen Stolpersteine, welche menschliche Macht nicht beseitigen kann, weil sie nicht von menschlichen oder menschlich verständlichen Motiven verursacht wurden. Darin liegt der Horror des Bösen und zugleich seine Banalität“ (150).

Das Böse ist nicht das Monströse – auch wenn der IS in seinen Werbevideos das Schockierende und Grenzen überschreitende Abstoßende als Beispiel für das Monströse in die Welt sendet – sondern die Brutstätte des Bösen ist die alltägliche Gleichgültigkeit des Menschen, sich diesen menschenverachtenden Taten zuzuwenden und die Bilder und Filme anzuschauen und zu verbreiten. Das Böse manifestiert sich auch in dem kontrolllosen Zulassen dieser Bilder durch die Plattformen youtube, facebook und Konsorten! (Ergänzung in 24.08.2024: und auf  X/Twitter und TikTok)

Aktuelle Beispiele für die Gleichgültigkeit und das Wegschauen bieten die FIFA und die nationalen Fußballverbände. Zwar werden Blatter und Platini gesperrt, aber die Gesinnungsgenossen und zwielichtigen Gestalten von Ahmad Al-Fahad Al-Sabah bis Salman
bin Ebrahim Al-Khalifa, einem Scheich aus Bahrain, ziehen weiter die Strippen und machen ihre korrupten Geschäfte. Wer dies seitens der großen Weltfußball-Clubs so geschehen lässt, bestätigt ein weiteres Mal das Fazit in Arendts Schluss-Satz. 

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