Wechsellied beim Weine
(Eduard Mörike)
- Trink‘ ich ihn, den Saft der Reben,
- gleich erwärmet meine Seele
- und beginnt in hellen Tönen
- einen Preisgesang der Musen.
- Trink‘ ich ihn, den Saft der Reben,
- alsbald streu‘ ich meinen Kummer,
- all‘ mein Zweifeln, all‘ mein Sorgen
- in den Braus der Meereswinde.
- Trink‘ ich ihn, den Saft der Reben,
- läßt mich Bakchos, der der Scherze
- Bande löset Blumen atmend,
- süß berauscht im Tanze schwanken.
- Trink‘ ich ihn, den Saft der Reben,
- wind‘ ich Blumen mir zu Kränzen,
- schmücke meine Stirne, singe
- von des Lebens stillem Glücke.
…
Aus der Sicht der Stoiker:
„Drei Reben trägt der Weinstock, die eine bringt die Lust, die andre den Rausch, die dritte die Freveltat.“ – Epiktet