Besteht die Gefahr, den Geist der Autoren von Art. 5 GG, nicht mehr zu verstehen und gerecht zu werden? Meinungen sind keine Tatsachen. Tatsachen sind keine Edelsteine ethischen Verhaltens. Und Fakten führen nicht immer zur vollständigen Beschreibung der Realität als Grundlage von Erkenntnis, Wissen und Handlungsfähigkeit!
Meinungsfreiheit ist ein wichtiger Baustein unserer Verfassung und des darauf aufbauenden Zusammenlebens in einem Rechtsstaat. Meinungsfreiheit gehört zu den Kommunikationsgrundrechten (Meinungs-, Informations-, Presse-, Rundfunk- und Filmfreiheit) und ist in Art. 5 GG festgeschrieben. Die Autoren des Grundgesetzes formulierten zum Beispiel den Art. 5 GG auch, um den Staat daran zu hindern, die Meinungs-, Informations-, Presse-, Rundfunk- und Filmfreiheit einzuschränken. Die Autoren des Grundgesetzes haben die Erlebnisse mit der gerade einige Jahre zuvor besiegten Nazi-Diktatur nicht vergessen und welche Folgen die Einschränkungen der Kommunikationsgrundrechte in 12 Jahren Terrorherrschaft gehabt hatten.
Und die Autoren des GG haben Recht gehabt, die Meinungsfreiheit verfassungsgemäß zu verankern! Wer die aktuellen Diktaturen und Autokratien betrachtet (von Russland, Ungarn, Türkei, China und viele andere Staaten), wird bemerken, wie die Meinungs-, Presse-, Rundfunk- und Informationsfreiheit in den Unrechtssystemen sofort eingeschränkt wurden unter den Autokraten Orban, Erdogan und Putin. Doch was noch nicht beachtet wurde bei der Formulierung des Art. 5 GG ist die Möglichkeit, dass auch einzelne Parteien oder Konzerne diese Freiheit manipulieren und ins Gegenteil verkehren können!
Einer der aktuellen Fälle der Verbreitung rechtsradikaler Gesinnung ist der Herausgeber des Magazins „Compact“ mit seiner Compact GmbH.
Dieses „Presse-Unternehmen“ ist ein Paradebeispiel dafür, dass unter dem Deckmäntelchen der Pressefreiheit die Demokratie angegriffen wird. Der Fall des Magazins „Compact“ und der Compact GmbH – und dessen Aktivitäten wurde 2021 vom Verfassungsschutz als gesichert rechtsextrem eingestuft.
Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat nun mit seinem 6. Senat die Entscheidung im Hauptsacheverfahren getroffen, dass die inhaltlichen Aktivitäten des rechtsextremen Verbreitungsmediums zwar „… nach seinem eigenen Selbstverständnis eine politische Agenda verfolge, Veranstaltungen sowie Kampagnen organisiere und sich als Teil einer Bewegung verstehe, für die er auf eine Machtperspektive hinarbeite“, aber dennoch weiter machen darf. Während der Vorsitzende Richter Kraft verlauten ließ, dass das Grundgesetz selbst den „Feinden der Freiheit“ die Meinungs- und Pressefreiheit garantiere, posaunte der Macher Jürgen Elsässer seine Meinung in die Welt, dass sein Magazin „Compact“, „das Sturmgeschütz der Demokratie“ sei.
Meinungsäußerungen sind zunächst subjektiven Maßstäben zugrunde liegende Denk- und Handlungspositionen. Die Bandbreite reicht von Geschmacksäußerungen – (schmeckt gut, sieht gut aus, ist schön aus der individuellen Sichtweise, geprägt von der Sozialisation und über das sich ergebnislos streiten lässt) – über realitätsferne Bewertungen und Urteile als Handlungsgrundlage bis zur religiösen oder ideologischen Überzeugung und Gesinnung mit Ausschluss- und Bekämpfungszielen durch gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit.
Meinungen werden im Kommunikationsprozess geäußert zur Positions-Verortung, mit Anspruch auf Wahrheit und Erkenntnisqualität, die über das Subjektive hinausgeht, sowie eingesetzt wird mit dem Ziel, die Realität gesinnungs- oder verantwortungsethisch zu beschreiben.
Dubiose Meinungen in der Gesellschaft zu Meinungs-Mehrheit zu verhelfen, die an die Stelle von Tatsachen und evidenten Fakten gestellt werden, das lässt sich heute über die Plattformen der sozialen Medien mit wirksamen Manipulationen leicht bewerkstelligen.
Meinungen sind keine Tatsachen
Meinungen enthalten a priori keine legitimen Handlungsaufträge, daraus Tatsachen zu machen! Die Meinung zu vertreten, es wäre in die persönliche Entscheidungs-Freiheit gelegt, einen Mord zu begehen, ist verwerflich und strafwürdig! Meinungen dienen vielleicht als Motivation anzustiften und als Brandstifter zu handeln, jedoch wäre der Mord erst nach der Realisation ein Fakt oder Tatsache. Insofern sind Meinungen keine Tatsachen.
Tatsachen sind gegenüber Meinungen darin unterscheidbar, dass sie auch außerhalb des Einflusses der Menschen existieren und wahr sind. Physikalische Gesetze oder Mathematik-Regeln sind Tatsachen/Fakten oder auch, dass die Sonne scheint, die Planeten sich um die Sonne drehen und die Erde eine Kugel ist. Es besteht eine menschenunabhängige Realität! Tatsachen, in nachprüfbare Begriffe gefasst, dienen den Menschen zur wissenschaftlichen Erkenntnis über die Welt, in dem sie nachprüfbare Kriterien beinhalten, um Objektivität zu belegen.
Wahrheit entsteht immer dann, wenn subjektive Meinungen nicht behaupten, objektive Tatsachen zu sein. Tatsachen beinhalten eine objektive und nachprüfbare Wahrheit. Der Planet Erde ist eine Kugel und keine Scheibe. Nachprüfung ist empirisch, mathematisch wie auch physikalisch möglich. Wer die Meinung vertritt, die Erde sei eine Scheibe, hat keinen Anspruch auf Wahrheit.
Die Meinung – die Erde sei eine Scheibe oder ein Gott habe die Schöpfung von Flora, Fauna und Menschen in 7 Tagen bewirkt – ist von der Meinungsfreiheit gedeckt. Wenn jedoch durch militärische, finanzielle, religiöse und politische Macht diese Meinung allen anderen Mitmenschen aufgezwungen wird, so ist diese Meinung dennoch keine Tatsache! Allerdings wird so Meinungsfreiheit ad absurdum geführt und zum Instrument der Unterdrückung.
Das Dilemma mit der Meinungsfreiheit – und diese jederzeit zu verteidigen – besteht darin, dass Meinungen in die Welt gesetzt und verbreitet werden, die manipulativ zu negativen, unterdrückenden und demokratiegefährdenden Haltungen und Handlungen führen! Ob dann jede Meinung zu tolerieren ist, bleibt höchst fraglich, wenn das Ziel ersichtlich wird, die Verfassung abzuschaffen, die diese Meinungsfreiheit garantiert? Es ist vor allem zu diskutieren und abzuwägen, wie diese Gefährdung zurückgedrängt werden kann!
Meinungen über abstrakte Begriffe, wie zum Beispiel die Frage, was „Freiheit“ sei, sind wesentlich schwieriger zu definieren, als die Frage: ist die Erde eine Kugel oder Scheibe? „Freiheit“ wird fassbarer und wahrhaftiger, wenn die Definition lautet, dass Freiheit nicht besteht, solange nicht die Freiheit eines jeden anderen Menschen mitgedacht wird!
Die Meinung zu verbreiten, Freiheit sei, sich jederzeit mittels Gewalt die eigenen Wünsche zu befriedigen, kann daraus keinen Anspruch ableiten, so handeln zu dürfen und sich auf Art. 5 GG berufen zu können. Zur Bewertung – wie in einem solchen Fall die wehrhafte Demokratie vorgehen darf – dafür müssen weitere Kriterien hinzugezogen werden. Zum Beispiel das StGB (Strafgesetzbuch).
Oder auch zum Beispiel moralisch-ethische Regelwerke wie sie Philosophen entwickelt haben. Meinungen bilden Haltungen (Gesinnungen) aus, wie um Fall „Compact“ und seine Unterstützung durch „Meinungsverbreitung“, für die AfD, die das Ziel hat, die Demokratie aufgrund ihrer Gesinnung in ein völkisch-nationales Unrechtssystems umzubauen. Das macht den Art. 5 GG so schwierig, auch für alle „Feinde der Demokratie“ gelten zu lassen.
Dass das Verbot der Verbreitung des Magazins „Compact“ nun vor einem Bundesgericht gescheitert ist, weil der Umweg über ein „Vereinsverbot“ durch das Innenministerium in der vorherigen Bundesregierung versucht wurde, dieses auf dem Verwaltungsgerichtsweg zu erreichen, ist eine „Dummheit“ in Sachen Verteidigung der Demokratie, weil der „Schuss nach hinten losgegangen“ ist. Allem Anschein nach wollte sich die damalige Ministerin damit eventuell profilieren.
Tricksereien aus dem „Dunstfeld“ der Ministerien als Mittel einzusetzen, um sich einen dubiosen Erfolg auf die Fahnen heften zu können, ist nicht nur bei Jens Spahn zuvor in Sachen „Corona-Masken“ schon ein Desaster gewesen. Der Schaden für unser demokratisches Land bleibt solange wiederholbar, wie Politiker (Minister und Staatssekretäre) in öffentlichen Ämtern nicht haftbar gemacht werden können!
(Ergänzung vom 24.06.2025 20:00 Uhr): Das nun geführte BMG von der CDU-Ministerin Nina Warken lässt den Bericht der Sonderermittlerin aus der letzten Regierung in vielen Teilen schwärzen! Das hat mehr als nur ein Geschmäckle, die Vorgänge um die Corona-Masken-Beschaffung des Jens Spahn (CDU) als damaliger verantwortlicher Bundesgesundheitsminister und heutigem CDU-Fraktionsvorsitzenden zu schützen und „freizukaufen“! Der kritische Bericht der ARD lässt bei diesem „Amigo-Verhalten“ der Ministerin den aufmerksamen Beobachter nur den Kopf schütteln! Schon mal darüber nachgedacht, werte Ministerin, dass Ihre Argumente für die Schwärzungen zum Schutz von „Geschäftsgeheimnissen“ oder dem „Personenschutz“ nicht glaubwürdig erscheinen, und so den Respekt für die Politiker weiter sinken lässt? Aufklärung geht anders. Verantwortungsethik auch! Und Verantwortung zu übernehmen für den materiellen Schaden. wäre mal ein positives Zeichen! Aber so läppisch alles beiseite schieben, das lässt den Ruf nach Haftung durch den Verursacher wieder deutlich lauter werden!)
Die Ambivalenz der Meinungsfreiheit zeigt sich zudem in der Frage, ob zum Schutz der Demokratie und des Grundgesetzes nicht aufgrund solcher destruktiven Meinungsinhalte die „Meinungsfreiheit“ partiell in den sozialen Medien zu beschränken ist – sprich zu zensieren, die sich mit ihrem Inhalt als Feind der offenen Gesellschaft zu erkennen gibt?
Eventuell ist dieser Weg dann allerdings nur ein Herumdoktern an den Symptomen, anstatt die Gefahr einzudämmen und zum Beispiel ein Parteiverbot für Parteien wie die AfD gerichtlich herbeizuführen.