Johannes von Heinsberg – Bildsprache – Wortsprache

Fotografie und Philosophie – Sehen und Erkennen

Kraft der Kreativität im Widerstreit mit den realen Begebenheiten – Philosophie, Fotografie + bildende Künste

Zur Erkenntnisfähigkeit gehört die Selbsterkenntnis; aber auch jene Fähigkeit, die Selbst- und Fremdtäuschung zu erkennen.

Philosophische und politische Gedankenschnipsel

„Wenn anstelle des Respekts vor der Würde des Menschen die Verwertbarkeit des einzelnen Menschen für die Wirtschaft als Norm für politisches und wirtschaftliches Handeln in den Mittelpunkt gestellt wird, dann manifestiert sich in diesem Handeln eine neue Form der Menschenfeindlichkeit.“ 

Vorausgeschickt sei die Bemerkung erlaubt, dass die hier gezeigten Fotos in keiner Weise an die Fotografien des Sebastião Salgados heranreichen, wenn auf ihn im nachfolgenden Text Bezug genommen wird. Den Fotografen Sebastião Salgado hier zu benennen, den der bekannte Filmemacher Wim Wenders zum Mittelpunkt seines Films „Das Salz der Erde“ machte, liegt auch darin begründet, dass Salgados Wirken ein exemplarisches Beispiel für die Kraft der Kreativität im Widerstreit mit den realen Begebenheit darstellt. 

Es ist an der Zeit, die Skepsis wieder stärker in den Fokus zu stellen, was Politik betrifft. Vor allem, wenn Gesellschaften und ihre Regierungen es nicht schaffen, die Extremisten und Feinde der Gesellschaft in die Schranken zu weisen und ihr unsägliches Agieren zu unterbinden. Die Höckes und Trumps dieser Welt gefährden ebenso die Menschen, wie die Putins dieser Welt. Die These, dass unsere Demokratie am Abgrund steht, ist nicht von der Hand zu weisen. Im Film von Wim Wenders „Das Salz der Erde“  (in Zusammenarbeit mit Salgados Sohn, Juliano) über Sebastião Salgado, sagte jener im Vorfeld zum Film:

«Ich glaube inzwischen, unsere wahre Bestimmung ist es, dass wir uns bewaffnen. Und dass wir uns gegenseitig töten bis zum Ende», sagte Salgado in einem «Spiegel»-Interview. Bei seiner Arbeit in Kriegsgebieten habe er unvorstellbare Brutalität erlebt. «Dieses Wissen über uns Menschen, das ich durch mein Leben als Fotograf erlangt habe – ich sage Ihnen, dieses Wissen ist kaum auszuhalten. Ich habe den Glauben an uns verloren.»

Soweit ist die Skepsis beim mir noch nicht gediehen, aber dass ein solches Fazit am Ende des Arbeitslebens gezogen werden kann, ist nachvollziehbar, wenn auch nicht nachzueifern. Manchmal hilft dann das Studium der Philosophen. Dies ist jedoch nur möglich, wenn die Rahmenbedingungen für ein Leben nicht durch Kriege und Oligarchien diktiert werden.

Es hat sich am beschriebenen Zustand der jeweiligen historischen Zeitgeiste bis heute nichts verbessert. Und so manches Mal ergibt sich die Handeln ist berechtigt. Dennoch ist es weiterhin notwendig, den Blick nicht abzuwenden von der Erkenntnis, dass es „kein richtiges Leben im falschen“ (Theodor W. Adorno – Minima Moralia) geben kann.  

Den Glauben an die Menschen nicht verlieren

Den Glauben an die Menschen nicht ganz zu verlieren – obwohl Typen wie Trump, Putin, Erdogan, XiJinping sich gleichen bei der Praktizierung der Unmenschlichkeit, der Menschenfeindlichkeit und ihrer Verbrechen gegen die Menschlichkeit und genügend Anlass dazu geben würden, den Glauben zu verlieren –  muss die Botschaft auch und gerade in den aktuellen Situationen des Angriffskriege (Ukrainekrieg)  und Terroraktionen der Hamas lauten, den Mut nicht zu verlieren. Wie das gelingen kann, dazu sind einerseits die Erkenntnisse der Philosophen ebenso Hoffnung gebend, wie auch das Wissen um die Kraft der Kreativität in der bildenden, schreibenden und Musik machenden Kunst.

In lockerer Reihenfolge werden deshalb Bezüge zur Fotografie und bildenden Kunst gezogen. Wobei für mich in Sebastião Salgado Fotografie die sozialdokumentarischen Porträts des Lebens der Menschen und des Lebens der Natur sich vereinen. Themen wie Klimaschutz, Armut und Reichtum und Krieg, die aktuell den Menschen auf der Seele brennen. In der bildenden Kunst sind die Pendants nicht zuletzt Gerhard Richter und quer durch die Kunstgeschichte bekannte Künstler für mich Anregung sowie ihre Werke ein ästhetischer Genuss.

Fotografie als Kunst und kreatives Mittel

Fotokunst ist eine eigenständige Kunstproduktion und Ausdrucksform wie sie zugleich auch eingebettet ist in die Entwicklung der verschiedenen Kunststile. Die Technik der Fotografie und ihre Gestaltungsmittel sind dabei die Grenzen des Mediums, egal ob auf die durchaus vorhandenen Unterschiede von analoger und digitaler Fotografie sich bezogen wird.

Die Kooperation zwischen Fotografie, grafischer und malerischer Darstellungsmittel lässt sich schon in der Frühzeit der Fotografie nachvollziehen. So diente die Fotografie als „Skizze“ ebenso für die Landschaftsmalerei wie für die Collage. Die gemeinsamen Schnittmengen vereinigen sich in der Technik der Collage und Montage, in der das Gesamtwerk nur durch Fotografien und/oder schon digital veränderten Fotos erstellt wird. Stilmittel und Technik fließen ineinander und ergeben ein eigenes Sujet.

Während in der Zeit der analogen Fotografie noch die Fotos als „Schnipsel“ der Collage und Montage einen Abzug notwendig machten, ist durch die digitale Fotografie mit ihren Verfremdungsfiltern und Farb- und Kontrastanpassungen das kreative Arbeiten deutlich flexibler und variabler ermöglicht worden.

Mit der Fotografie – die in ihrem Ursprung das Festhalten einen Augenblicks und die Reduktion auf ein zweidimensionales Sehergebnis ist, das zudem mit der Begrenzung des Seh- und Wiedergabewinkels einer Gestaltungsform unterworfen ist, die gestalterisch genutzt werden kann – wird das Einfrieren eines Ausschnitts der Realität in jedem Foto praktiziert. Dieser Ausschnitt ist einerseits die Chance auf die Konzentration eines Teils einer sehr begrenzten Realität, so dass Fotografie erst in der Serie den Zusammenhang von Raum und Zeit zeigt. 

Subjektivität und Objektivität der Fotografie

„In jedem Bild gibt es zwei Personen: Den Fotografen/Künstler und den Betrachter.“ – Ansel Adams

Ob dieser Ausschnitt einer Wirklichkeit auch einen historisch objektiven Bezug repräsentiert, darüber lässt sich trefflich streiten. Denn die Deutung und Bedeutung des im konkreten Foto gezeigten Ausschnitts hat sowohl subjektive wie kulturelle Ausformungen. Und vor Manipulation und Fälschung ist auch dieses Medium nicht gefeit.

Die streng formalen Zeitdokumente industrieller Architektur von Bernd und Hilla Becher –  ( ein Teil ihrer Schüler aus der von ihnen gegründeten „Düsseldorfer Photoschule“ mit dem Gruppennamen „Struffsky“ umfassen die Fotokünstler Andreas Gursky, Thomas Ruff, Thomas Struth) – sind von ebenso bestechender Ästhetik wie Salgados Fotografie. 

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