„Die nationalsozialistische Bewegung hat eine geräuschvolle Gegenwart, aber gar keine Zukunft. Sie lebt von der Erregung plötzlich proletarisierter Schichten, die nicht wissen, welchen politischen und ökonomischen Kräften sie ihren Sturz aus bürgerlicher Geborgenheit in ein soziales Pariatum verdanken.“ – Carl von Ossietzky (Friedensnobelpreis 1935)
„Es ist unendlich viel leichter, im Gehorsam gegen einen menschlichen Befehl zu leiden als in der Freiheit eigenster verantwortlicher Tat.“ – Dietrich Bonhoeffer – Theologe und 1945 von den Nazis ermordet
Die Sinus-Studie (*)hat sechs Komponenten betrachtet, die zusammengenommen ein rechtsextremes Einstellungsmuster ergäben:
- Autoritarismus, d. h. die Bereitschaft, sich freiwillig einem Stärkeren zu unterwerfen;
- Nationalismus, d. h. die Überbetonung der eigenen Nation und die Abwertung anderer Nationen;
- Fremdenfeindlichkeit, d. h. die Abwertung, Benachteiligung, Ausgrenzung anderer Ethnien;
- Wohlstands-Chauvinismus, d. h. die Diskriminierung von Menschen aus sozioökonomischen Motiven;
- Antisemitismus, d. h. Feindseligkeit gegenüber Jüdinnen und Juden;
- Pro-Faschismus und -Nazismus, d. h. Verharmlosung oder Rechtfertigung des Nationalsozialismus:
- Seit den 1970er Jahren verwendet der deutsche Verfassungsschutz den Begriff „Rechtsextremismus“ für verfassungsfeindliche, gegen die Freiheitliche demokratische Grundordnung (FDGO) gerichtete Inhalte und Aktivitäten, den Begriff „Rechtsradikalismus“ dagegen für politische Ziele im demokratischen Spektrum, die als Ausdruck legitimer Radikalkritik an einer bestehenden Gesellschaftsordnung verstanden werden.
- Der Vorschlag einiger Autoren, „das Attribut extremistisch für die Beobachtungsgegenstände der Verfassungsschutzbehörden zu reservieren und die Bezeichnung Radikalismus für das wesentlich breitere sozialwissenschaftliche Betätigungsfeld zu verwenden“, konnte sich bislang nicht durchsetzen.
- Der Soziologe Wilhelm Heitmeyer schlug 2018 den Begriff des „autoritären Nationalradikalismus“ vor, da die korrespondierenden Phänomene Rechtspopulismus und Rechtsextremismus darauf abzielen, Institutionen zu destabilisieren, die wichtig für die Gesellschaft seien. (Quelle: Wikipedia)
Charakteristisch ist ein autoritäres, auf hierarchische und zentralistische Strukturen unter Führung nationaler „Eliten“ ausgerichtetes Politikverständnis. Der liberale Rechtsstaat, der weniger auf Gefügsamkeit als auf die Einsicht zivilisierter Bürger setzt und daher tendenziell nicht autoritär, gemäßigt und geduldig auftritt, wird von Rechtsextremisten angesichts ihrer radikalen Zielsetzungen als verweichlicht, kraftlos und ineffektiv angesehen. Eine autoritäre Ordnung wird nicht als Bedrohung, sondern als Schutzraum herbeigesehnt; entscheidend sind hierfür oft vorpolitische, persönliche Prägungen (etwa autoritäre Eltern), charakterliche Ursachen oder eine Überforderung durch die vom liberalen Rechtsstaat vorausgesetzte bürgerliche Selbstkontrolle.
Theodor W. Adorno nahm in einem Vortrag am 6. April 1967 in Wien schon Stellung zum Wiedererstarken des völkisch-nationalen Gedankenguts. Er konstatierte:
„Und die Menschen in Deutschland scheinen in einer immerwährenden Angst um ihre nationale Identität zu leben, eine Angst, die zu der Überwertigkeit des Nationalbewußtseins sicher das Ihrige beiträgt.“
Zitat Adorno:
„Die einzelne Nation ist in ihrer Bewegungsfreiheit durch die Integration in die großen Machtblöcke außerordentlich beschränkt. Man sollte nun daraus aber nicht etwa die primitive Folgerung ziehen, dass deswegen der Nationalismus, wegen dieser Überholtheit, keine entscheidende Rolle mehr spielt, sondern im Gegenteil, es ist ja sehr oft so, dass Überzeugungen und Ideologien gerade dann, wenn sie eigentlich durch die objektive Situation nicht mehr recht substantiell sind, ihr Dämonisches, ihr wahrhaft Zerstörerisches annehmen.“
Adorno weiter:
„Mit diesem Wort des Antizipierens des Schreckens glaube ich nun wirklich etwas sehr Zentrales berührt zu haben, das, soweit ich sehen kann, in den üblichen Ansichten über den Rechtsradikalismus viel zu wenig berücksichtigt wird, nämlich die sehr komplexe und schwierige Beziehung, die hier herrscht, zu dem Gefühl der sozialen Katastrophe. … Auf der einen Seite wird nach der rationalen Dimension hin gefragt: »Wie soll das weitergehen, wenn es etwa einmal eine große Krise gibt?« – und für diesen Fall empfehlen sich diese Bewegungen. Aber sie haben auf der andern Seite etwas gemeinsam mit jener Art von manipulierter Astrologie von heute, die ich für ein sozialpsychologisch außerordentlich wichtiges und charakteristisches Symptom halte, daß sie nämlich in gewisser Weise die Katastrophe wollen, daß sie von Weltuntergangsphantasien sich nähren, so wie sie übrigens, wie wir aus den Dokumenten wissen, auch der ehemaligen Führungsclique der NSDAP gar nicht fremd gewesen sind.“ Zitatende (Quelle: Aspekte des neuen Rechtsradikalismus)
(*) „Sinus-Milieus“ – aus der Sinus-Studie 1981 hervorgegangene Untersuchung zum Rechtsextremismus als damaligen Schwerpunkt der Untersuchung! – wird seit 2002 mit dem Ziel des Geschäftsmodells „Marketingforschung“ zu betreiben und anzubieten, der politische Schwerpunkt völlig außer Acht gelassen.
Zitat und Selbstbeschreibung:
„Anfang der 1980er Jahre entwickelt und seither kontinuierlich an die gesellschaftlichen Veränderungen angepasst, ist das Milieu-Modell für Deutschland der Klassiker der sozialwissenschaftlichen Gesellschaftsanalyse.“
„Die Sinus-Milieus verdeutlichen, was die verschiedenen Lebenswelten in unserer Gesellschaft bewegt (Werte, Lebensziele, Lifestyles) – und wie sie bewegt werden können (Mediennutzung, Kommunikationspräferenzen). Sie bieten deshalb dem Marketing mehr Informationen und bessere Entscheidungshilfen als herkömmliche Zielgruppenansätze.“