Johannes von Heinsberg – Bildsprache – Wortsprache

Fotografie und Philosophie – Sehen und Erkennen

Ästhetik als Mittel wie auch als Ort der Artikulation des zeitgeistigen menschlichen Selbstverständnisses

Zwei der auch philosophischen Menschheitsfragen haben ihren Ort seither immer wieder auf dem Boden der Ästhetik gehabt: die Frage nach dem Anteil der Sinnlichkeit innerhalb unseren Erfahrungen aller Art, die sich auf die ästhetische Wahrnehmung und das ästhetische Gefühl richtet, und die gleichermaßen praktische Frage nach dem Status und Wert des von Menschen Gestalteten in der Welt der Kunst, Literatur, Musik und Architektur. Die fehlenden Ressourcen in den Schulen und Hochschulen für die musisch-künstlerische Ausbildung und die gleichzeitig fehlende Wertschätzung dieser humanen Grundfähigkeiten durch Politik und Verweigerung der notwendigen Finanzierungen ist eine Schwächung der Gesellschaft. Das Ausspielen des sozialen Engagements und deren notwendige Finanzierung  gegen die musisch-künstlerische Ausbildung ist zudem ein perfides Spiel der Politik.

Die Fähigkeitsentwicklung ästhetischer Wahrnehmung erfolgt im Spannungsfeld der Ästhetik als Theorie der ästhetischen Erfahrung und der Ästhetik als Bestandteil der Theorie der Kunst.

„Die Aufklärung steht im Wechselverhältnis mit der Bewegung, in der die Künste, insbes. Literatur und Musik, sich von den Normen der traditionellen Regelwerke emanzipieren und zu jener Autonomie finden, durch die sie dem Selbstbewusstsein des modernen Menschen zur Darstellung verhelfen.

Gefragt wird überall mit zunehmender Eindringlichkeit nach der Wahrnehmung der Sinne, der produktiven ­Einbildungskraft, dem verfeinerten Urteil des ­Geschmacks, den Werken des ­Genies, dem Schönen und Erhabenen in Natur und Kunst, der Vollkommenheit der Gestalt(ung), der Bedeutung des reflektierten Gefühls für das vernünftige Selbstverständnis.“ Zitat aus Enzyklopädie Philosophie

Ästhetik und Ethik – Gefühl und Kunst im Dienst von Moral und Gesellschaft

Die Entwerfer des modernen Designs halten sich auch an die bei Platon metaphorisch ausgedrückte Einsicht, schöne Eindrücke seien gutes, hässliche Eindrücke dagegen schlechtes Futter für die menschliche Seele. Neben dem Schönen, dessen grundlegende Bedeutung für die ästhetische Erfahrung die Klassiker der modernen Ästhetik bestätigen, spielt bei Schiller wie bei Kant und generell in der Ästhetik des jeweiligen Zeitgeistigen der Begriff des Erhabenen bis heute eine wichtige Rolle. 

Was gilt generell für ästhetische Werke – von bildender Kunst, über Literatur bis Musik und Architektur? 

Die Fragen betreffen die Kriterien der Ästhetik, denen Adorno sich  in seinem Werk „Ästhetische Theorie“ gewidmet hat. Ein Werk, das als roter Faden dienen darf für alle, die offen und neugierig auf  die Werke aus den Bereichen bildende Kunst, Literatur, Musik und Architektur sind.

Im Rahmen der gesellschaftlich-geschichtlichen Betrachtungen der bildenden Kunst einerseits und der Musik, Literatur und Architektur andererseits darf nichts als Selbstverständlichkeit gelten.

Welchen Widerständen sich ästhetische Werke und Schaffende seit jeher entgegengestellt sehen, das ist nicht ohne Berücksichtigung der gesellschaftlichen Entwicklungen und zeitgeistigen Sehweisen zu verstehen. Aktuell beeinflusst dabei die wachsende Intoleranz gegenüber der offenen Gesellschaft die Lebensqualität,  vor allem die der kritischen Geistern und jene der kreativ Wirkenden.

Immer mehr sind die Unsicherheiten im Kreise der Kunst- und Musikschaffenden und die daraus resultierenden Spannungen und Spaltungen zu beobachten. Die in der offenen Gesellschaft gewonnenen Freiheiten werden wieder zu oft aufs Spiel gesetzt und den Einflüssen ideologischer, politischer oder religiöser Sichtweisen geopfert. Für die Kunstschaffenden muss dabei nur auf die letzte Documenta verwiesen werden, in denen genau aus der Melange aus Hass, Rassismus und Fanatismus den plakativ-rassistisch und antisemitischen Bannern das Siegel „Kunst“ verpasst werden sollte. Ein Freibrief für den Missbrauch des Kunstbegriffs durch die Feinde der offenen und freien Gesellschaft.

Documenta 15 und das Banner des Anstoßes – Wann sind politische Bildinhalte auch Kunst?

Denn im Rahmen der Entwicklungen neuer Ausgrenzungen, sich wiederholender autoritärer  Konzepte und Programme, begleitet von der Abgabe des eigenen Denkens an selbsternannte Möchte-gern-Führer á la Trump und Höcke bleibt auch die Kunst, Literatur und Musik vom Beziehungs-Dramadreieck  mit ihrem Gefangensein in den Rollen von „Täter-Opfer-Helfer“  nicht verschont.

Wenn Freiheit und die demokratisch-offenen Gesellschaft in diesen Zeiten des Wandels gefährdet sind, dann treten an die Stelle der Fortentwicklung neuer und spannender ästhetischer Werke die Zwänge der Ausrichtung auf Konsum und Kommerz. Diese bestimmen das kreative Tun durch die Ausrichtung auf Moden und ihre Vermarktung in Galerien und durch Musiklabels. (Und dies schon im ersten Semester an der Kunstakademie oder am Konservatorium!)

Sie behindern das Wachsen und den Fortschritt künstlerischer Freiheit und das sich Zeit nehmen für neue, nicht vermarktbare  Werke als ein „Sich-Ausprobieren“ und Erfahrung erwerben, indem das ästhetische Wirken der Erosion und Ausgrenzung ausgesetzt wird. Die Flut der so verbreiteten Meinung und Sichtweise durch die neuen Medien tut ihr Übriges. 

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