Meinungen sind keine Tatsachen und Propaganda ersetzt keine Fakten
Meinungen sind keine Tatsachen. Meinungsfreiheit ist dagegen ein Grundrecht in Deutschland. Mit dem Grundrecht ist zugleich aber auch die Verantwortung verbunden, seine Meinung daraufhin zu prüfen, inwieweit diese in ihrer Wirkung die Mitmenschen respektiert oder schädigen wird.
Meinungen sind subjektiv! Sie sind durch die nachfolgende Bandbreite gekennzeichnet: von selberdenkender und seriöser Hinterfragung der – mit bewusster Absicht geäußerten und weiterverbreiteten – Meinungsäußerung bis zur ungeprüften und fremdgesteuerten Übernahme einer durch Dritte vorgegebenen Meinung, also einer „Trittbrett-Meinung“!
Meinungen beeinflussen das Denken und Handeln nicht nur subjektiv, sondern wirken auch gesamtgesellschaftlich! Meinungen definieren und verschieben politisch-gesellschaftliche Schwerpunkte (z.B. indem im schleichenden Veränderungs-Prozess ein immer größer werdender Teil der Gesellschaft und Wählerschaft die demokratiegefährdenden Inhalte und Ziele der AfD als zutreffend und „normal“ einschätzen, obwohl die historischen Fakten über die menschenverachtenden Grausamkeiten der Kriegsverbrecher in der Hitler-Diktatur und ihre vergleichbaren Methoden, Ziele und Absichten bekannt sind!).
Disruption der Verortung „gesellschaftliche Mitte“
Und es steht zu befürchten, dass durch das unsägliche zeitgeistige Aufkochen der anachronistisch rechtsextremistischen und ultrakonservativen Gesinnung á la AfD diese anti-demokratische Partei weiteren Wählerzuspruch erhält! Dass auch die lange Jahrzehnte überdauernde, verborgene „Zuneigung“ zur „Adolf H.-Zeit des Dritten Reichs“ in den Familien durch rechtskonservative Kreise der Unions-Parteien salonfähig gemacht wurde, ist eine Ursache für den Zuspruch zur AfD. Zudem ist es ihr gelungen, diese Gesinnung als „Normalität, die dem gesunden Menschenverstand entspringe“ zu verkaufen und über die sozialen Medien in die Öffentlichkeit zu tragen. Insgesamt ein Katalysator für das Erstarkung der rechtsextremistischen AfD.
Die steigende Zustimmung zur Programmatik der AfD und der rechtskonservativen Kreise bayrischer Provenienz (z.B. durch die Netzwerke der rechtskonservativen Burschenschaften) erfolgt nicht nur aus diesem Umfeld! Es ist der AfD gelungen, die unbedarfte Naivität und die nicht vorhandenen Geschichtskenntnisse -(oder deren Ignorierung)- zum Themenfeld des Nationalismus, Rassismus und Anti-Semitismus in der Generation der 16-30 Jährigen über alle gesellschaftliche Gruppen hinweg zu nutzen und die gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit des deutschen Faschismus als „Normalität“ zu verkaufen. Kritik an einer solchen Entwicklung wird gerne auch von der erzkonservativen und rechtsextremen Presse als „Cancel Culture“ bewertet. Obwohl statistisch nachvollziehbar ist (z.B. durch die erzielten Wahlergebnisse der AfD), dass die „Mitte“ der Gesellschaft nach rechts abgedriftet ist, wird diese Tatsache umgedreht mit der Behauptung der jungen Journalistin Julia Ruhs, die zur Rechts-Ikone stilisiert wurde (oder sich eventuell selber dazu gemacht hat?):
Zitat „Julia Ruhs erklärt, auch indem sie auf Bernhard Schlink verweist, dass ein sehr eng geführter gesellschaftlicher und politischer Mainstream zu einer Verschiebung der Mitte in den links-grünen Bereich geführt hat. „… die Mitte hat sich kräftig verschoben. Linke haben sie für sich vereinnahmt. Und plötzlich stehe ich mit denselben Ansichten von früher rechts. Für manche sogar weit rechts. Oder, wie es manche nennen, im ‚Niemandsland‘. Total absurd. Doch genau darin liegt die Gefahr: Wenn alles rechts ist, was einmal Mitte war, dann gibt es keine echte Mitte mehr. Und ohne sie verliert die Gesellschaft in meinen Augen wirklich ihr Gleichgewicht.“ Zitatende (Quelle hier!)
Da passt es dem klammheimlichen Haltungs-Netzwerk der rechtskonservativen bis rechtsradikalen Kreisen ins Konzept, eine „Leuchtfigur á la Julia Ruhs“ zu fördern. Als Figur des Gegenentwurfs zum „grün linken Wokeness“ (gemeint ist damit die Verunglimpfung des soziales Bewusstsein und der Gerechtigkeits-Verteidigung) wird der freischaffenden jungen Journalistin und Populär-Schriftstellerin (Buch: „Links-grüne Meinungsmacht“ – J.Ruhs) – für ihr „normales Reden“ über jenes, was man mal wieder sagen dürfen muss – Raum für mediales Auftreten auch vom Bayrischen Rundfunk zur Verfügung gestellt.
Wahlen – das „beredte Schweigen“
Die nächsten Wahlen stehen vor der Tür – die Kommunalwahlen! Hier werden Menschen in Positionen gehievt, die direkt sich auswirkende Entscheidungen mitbestimmen können. Menschen, die in der gleichen Kommune als Nachbarn, Mitarbeiter, Vorgesetzte, Vereinsmitglieder und Dienstleister bekannt sind.
Heißt „bekannt zu sein“ aber auch, die Kandidaten wirklich zu kennen? Zu wissen, wie sie ticken? Zu wissen, welche Motivation sie angetrieben haben, sich zur Wahl zu stellen? Welche Konfliktstabilität und Konfliktlösungsfähigkeiten sie besitzen? Werden Beschlüsse und Abstimmungen zukünftig von ihnen nur abgenickt, weil die Fraktionsführung sie vorgegeben hat? Warum stehen sie als Kandidaten zur Wahl? Weil die eigentliche Motivation, sich zur Wahl zu stellen, nur ein erhoffter Prestigegewinn beinhaltet? Oder weil die neue Ratsposition im Kreistag, im Stadtrat oder Gemeinderat als „Auge, Ohr und Stimme“ für die Bewohner stellvertretend zur Geltung gebracht werden soll?
Stammen die realpolitischen Miss-Stände (Investitionsstau in den maroden Schulen, für die die Kommunen zuständig sind?) nicht aus den politisch-geistigen „Todsünden“ und ihren daraus folgenden Konsequenzen? Auch weil oft – nicht immer, denn es gibt Ausnahmen – nicht einmal mehr eine „minimale Moral“ bei den gewählten Ratsmitgliedern als politische Kraft und den Verwaltungen vor Ort erkennbar wird? „Minimale Moral“ bewirkt somit oft den politische Stillstand, denen Politik und Verwaltungen teilweise aufgeliefert sind und als „Sachzwang“ verteidigt wird, unter dem gerade noch so viel Aktivität wahrzunehmen ist, um die „Macht“ zu erhalten. Der Einbezug der Bevölkerung in mitwirkende und mitbestimmende Kooperationen (wie Bürgerräte und direkte demokratische Abstimmungen durch die Bewohner!) erfolgt in der Regel nicht! Das Potenzial der Menschen zur gemeinsamen Bewältigung der Probleme, bleibt durch Abhängigkeit der kommunalen Institutionen (Politik und Verwaltung) von den übergeordneten Ebenen (Land und Bund) deshalb ungenutzt.
Das oft erlebte „Schweigen“ einerseits der kommunalen, politischen Verantwortlichen gegenüber den Mitbürgern, aber auch andererseits gegenüber den übergeordneten Ebenen in Form von ausbleibender Kritik an Bezirk, Land oder Bund ist mehr als beredt!
Das „beredte Schweigen“ hat schon eine lange Tradition! Und ist seit den Griechen und auch bei den Römern bekannt. Die Römer – so Paul Sailer-Wlasits in seiner Streitschrift „Minimale Moral“ – seien garnicht zimperlich mit jenen umgegangen, die nicht Stellung bezogen hätten, und damit nur als Mitläufer versucht hätten, sich aus der Verantwortung zu stehlen. So habe Cicero in seiner Gerichtsrede für den Politiker Publius Sestius formuliert: „… durch Schweigen schienen sie zu sprechen, durch ihr Nicht-Leugnen zu gestehen“.
Das dürfte vor allem an das „kollektive Schweigen“ der Mehrheit der Bevölkerung in den zwölf Jahren verbrecherischer Menschenrechtsverletzungen bis zur organisierten Vernichtung der Juden durch den Holocaust erinnern! Dieser Genozid an den europäischen Juden scheint allem Anschein nach in eine umfassende, neue Verdrängungsphase geraten zu sein, wer an die Wahlergebnisse und das Denken und Handeln der AfD-Wähler denkt.
Zurzeit besteht der Eindruck, dass die konservative Gesinnung nicht nur wieder installiert werden soll, sondern dass die gespaltene Gesellschaft (jung gegen alt, arm gegen reich, tolerant gegen intolerant) wieder in Zeiten von vorurteiliger und intoleranter Gesinnung aufgrund anachronistischer Werte-Kehrwendung zurück gezwungen werden soll.
Version vom 29.08.2025 /10:40 Uhr
