Johannes von Heinsberg – Bildsprache – Wortsprache

Fotografie und Philosophie – Sehen und Erkennen

Zukunftsgestaltung – vorwärts denken und rückwärts urteilend bedenken. Die Gesellschaft mitgestalten!

Wo ist die Weisheit, die wir im Wissen verloren haben? Wo ist  das Wissen, das wir an Information verloren haben? “ – T.S. Eliot       (Original: »Where is the wisdom we lost in knowledge? Where is the knowledge we lost in information?« )  

„Sie lebten asynchron: In einer Zeit dachten, in einer anderen empfanden, in einer dritten handelten sie.“ – schrieb Roger Willemsen in seinem nie vollendeten letzten Werk „Wer wir waren“. Wer, wie und was waren wir in der Corona-Zeit? Welches Leben war zu beobachten? Wer, wie und was sind wir in Zeiten der grenzenlosen Gewalt und Hass-Entfaltung durch Angriffskriege, Kriegsverbrechen und Terror á la Hamas, IS, Hisbollah und den Vergeltungsschlägen?

Asynchron leben, das war nicht nur zu Corona-Zeiten die Beschreibung menschliches Verhalten. Es ist heute nicht anders, wenn Politik und Gesellschaft gleichermaßen gefordert sind, Rassismus, Anti-Semitismus, Rechtsextremismus und Regelverletzungen durch religiöse und ideologische Propaganda, sowie Neoliberalismus in die Schranken zu weisen und menschenfeindliches Denken und Handeln mit dem Ziel der Demokratiezerstörung nicht zuzulassen.

Menschen sind nicht mehr eins mit sich selber, mit der Natur und mit den Mitmenschen. Und oft genug geschieht in diesen wie in jenen Zeiten, dass nicht einmal mehr gedacht wird, das Empfinden für sich wie für die anderen Wesen unterdrückt und abgestorben ist und das Handeln robotergleich vollzogen wird. Entweder entbehrend jeglicher Vernunft oder im Rausch des „Scheiß-Egal-Seins!“ und reduziert auf eine gefühlsgesteuerte biologische Masse namens homo sapiens.

Und so finden sich die weiteren Sätze Willemsen in seinen Aufzeichnungen, als beschriebe er die Jahre 2020-2024:
„Ja, wir wussten viel und fühlten wenig. Wir durften es nicht fühlen und hörten doch T.S. Eliot fragen: »Where is the wisdom we lost in knowledge? Where is the knowledge we lost in information?« Hörten es und häuften noch mehr Informationen auf. Als brauchten wir zum Handeln einen neuen Klimabericht, einen neuen Schadensbericht über die Weltmeere, den Regenwald, die grassierende Armut. Aber aus all den Fakten ist keine Praxisentsprungen, die auf der Höhe der drohenden Zukunft wäre.“ (Wobei KI -Künstliche Intelligenz sich genauso trügerisch entwickelt, wie die versprochene Sicherheit der Daten in den Cloud-Systemen sich als trügerisch erwiesen hat! Anmerkung des Blog-Autors)

Und nun nehmen wir es hin, dass die Kaste der Politiker á la FDP und Koalitionäre ihre Dekrete blockierend verkünden, Verordnungen verteilen und das Leben der ihnen anvertrauten Menschen reglementieren, einschränken und begrenzen, weil Regierungen und Richtlinienkompetenz-Inhaber meinen, dies tun zu können, da die ihnen von den Bürgern temporär verliehene Macht sie dazu ermächtige. Sie gleichzeitig aber so weit entfernt von der Wirklichkeit und dem Leben der meisten Staatsbürger entfernt sind, dass sie keinerlei Wissen über die Nöte der normalen Menschen haben, noch dass sie Mitgefühl für sie empfinden.

Verfassungen und Grundgesetze werden dabei nicht selten ignoriert. Politik und Staat, sprich: die Menschen, die Funktionen übernommen haben – die in einem System (nennen wir es Demokratie) eingerichtet wurden zur Verwaltung, Steuerung und Ordnung des Zusammenlebens – sowohl ideologisch wie auch normativ handeln, und mit ihrem parteiorientierten Egoismus bei vielen Menschen für einen Vertrauensverlust in den Staat sorgten. Jene Menschen  – manipuliert von Antidemokraten á la AfD und Extremisten – dazu brachten und bringen, ihrer Verantwortung für die Freiheit und die Demokratie nicht nachzukommen. Sie ist ihnen längst genommen worden in vielen Staaten weltweit, weil sie zugelassen haben, dass autokratische Figuren ihre Macht autoritär verteidigen oder in destruktive Machteroberung umsetzen wollen. 

Zukunftsgestaltung haben sie Google und Big-Data-Sammlern mit ihren Datenbanken überlassen, ebenso wie sie jegliches Denken den Populisten überlassen haben. Nun – da die persönlichen Gewohnheiten von den Sachzwängen der Pandemie und den neoliberalen Ursachen für Rezession und den Kriegen geändert werden, der Ablauf des Lebens nicht mehr von Konsum, materieller Freizeitgestaltung und permanenten Feiern geprägt wird, weil ein Virus die Menschen auf sich selber zurückgeworfen hat, Lebensentwürfe durch Kriege und Bankrott zerstörten wurden – da wird klar, wir sind alle nicht mehr zukunftsgestaltend,  wenn wir beim gewohnten Egoismus bleiben. Wir sind in dieser neoliberalen Welt umgeben von menschenfeindlichen und freiheitsbeschränkenden Strukturen. Und dazu nicht mehr allzu weit entfernt von den Zuständen wie in den weltweiten Diktaturen. 

Es ist wieder eine Zeit des Wandels gekommen! Dabei darf nicht rückwärts gedacht werden, um das Rückständige, das Nationale, das Kriegstreiben und den Hass als Normalität installieren zu wollen. Zum Vorwärtsdenken gehört beim menschenförderlichen Wandel, dass Konzepte und Ideen, wie sie in der Sozialenzyklika „Fratelli Tutti“ des Papst Franziskus benannt sind, in den Mittelpunkt der notwendigen Veränderung gestellt werden müssen. Oder ergänzend wie im Ansatz von Amartya Sen/Martha Nussbaum “Capability Approach”-Modell eine Umsetzung erfolgen muss, begleitet von der Erkenntnis, dass gesellschaftlicher Wohlstand nicht alleine am Wirtschaftswachstum zu messen ist, wie der gierige finanz- und vermögensorientierte Neoliberalismus dies verkündet.

Amartya Sen betont mit seinem Modell, die Entwicklungsmöglichkeiten der Armen und Schwächsten einzubeziehen. Solidarität und Verhandlungsbereitschaft als essentielle Tugenden zur Erhaltung der Demokratie sind zu stärken. Zur Zielerreichung der globalen Gerechtigkeit sind nach seinem Verständnis der Abbau der sozialen Ungleichheit vor allem in Bezug auf Bildung und Gesundheit vorrangig in den Fokus zu nehmen und die Ressourcen dafür bereitzustellen.

Dem Mythos der zu verteidigenden Kulturen (westliche Wertegemeinschaft/ abzugrenzende und auszugrenzende Ethnien) durch Kriege setzt er entgegen, dass es keinen Krieg der Kulturen geben darf, weil die einzige Identität heißen kann, wir sind weltweit alle gleichberechtigte Menschen!

Die Baustellen-Inhalte an denen Regierungskoalitionen sich orientieren müssen,  lauten:

Freiheit vorleben, Einschränkungen der Grundrechte zurücknehmen, Klimawandel berücksichtigen und Energiewende realisieren, Frieden sichern – Kriege beenden, Steueroasen austrocknen, Gewinne sozialisieren und zur Kostendeckung des Sozialstaates und des Gemeinwohls einsetzen, Armut beseitigen, Algorithmen der Künstlichen Intelligenz der menschenrechtlichen Ethik unterwerfen.

Wir wollen überleben und mitbestimmen mit dem Ziel, unsere Lebensentwürfe so zu gestalten, dass ein lebenswertes Leben ermöglicht wird!

Das vorläufige Ende dieses Beitrages mag wiederum mit Zitaten von Roger Willemsen beschrieben werden, wenn die Aufgaben von allen Menschen angepackt werden, um unsere Baustellen des sozialen Lebens bewusst und selbstverantwortlich zu bewältigen unter Einbezug der nachstehenden Erkenntnisse und der dort beschriebenen Verwerfungen:
„Von den bewusstseinsbildenden Prozessen der Kultur kann nicht gesprochen werden, ohne zu fragen, unter welchen Bedingungen Bewusstsein heute überhaupt zustande kommt“.

Und weiter:

„Der Anspruch an die Disziplin auf allen Feldern bringt Querulanten, Hysteriker, Choleriker, Amokläufer hervor, der Anspruch an die Leistungsfähigkeit (im neoliberalen System) Versager, Ausgebrannte, Depressive, Menschen, die am Projekt der Selbstwerdung scheitern und sich zwischen den öffentlichen Parametern verlorengehen mit dem Refrain: Ich kann nicht mehr. Ich kann nicht mehr.“

Sowie:

„Die Souveränität ging von den Staaten auf Finanzsysteme und Konzerne über. Autonomie wurde in immer kleinere Zonen zurückgedrängt, radikal verstanden: undenkbar.
Zugleich aber blies sich das Individuum auf in nie dagewesener, nie möglich erschienener Datenfülle aus dem Einzelleben, das bald ein einziges großes, gleichgeordnetes Massenleben war, das sich in Massenchoreographien durch die Städte wälzte. Und während sich all dies vollzog, wurde das  eigene Ich erreicht von einer Müdigkeit, einem Welken, einem Überdruss an sich selbst, dem es die letzten Selfies ohnmächtig hinterherwarf.“

Und so muss die Arbeit an den Baustellen lauten, dass wir gerade jenes nicht wollen, was Willemsen gegen Ende seines Textes schrieb:

„Wir agierten auf der Schwelle – von der Macht des Einzelmenschen zur Macht der Verhältnisse. Von der Macht der Verhältnisse in die Entmündigung durch Dinge, denen wir Namen gaben wie »System«, »Ordnung«, »Marktsituation«, »Wettbewerbsfähigkeit«. Ihnen zu genügen, nannten wir »Realismus« oder »politische Vernunft«. Auf unserem Überleben bestanden wir nicht.“

Wer jedoch glaubt, dass Parteien á la AfD ein menschenwürdiges Leben garantiere, der macht sich mitverantwortlich für die Entwicklung zum erneuten Unrechtssystem. Die Menschen in den Bundesländern des Ostens würden nicht nur der Fremdtäuschung der Rechtsextremen aufsitzen, sondern jenes wieder ermöglichen, von dem sie sich 1989 so bravourös befreit hatten! 

Alltagsschnipsel – Lago am Morgen oder die politisch-gesellschaftliche Lage der USA am Abend

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