Die Wahl rechtspopulistischer, rechtsextremistischer und faschistischer Parteien in den Ländern der EU nimmt immer mehr zu. In Italien (Giorgia Melini), in den Niederlanden (Gert Wilders), in der Slowakei (Robert Fico) haben diese demokratiegefährdenden Parteien schon Regierungsgewalt – auch weil sie Koalitionen mit rechtsextremistischen und nationalistischen Parteien eingehen können. In Frankreich (Marine Le Pen) droht die gleiche Entwicklung, weil bei den vorgezogenen Parlamentswahlen am vergangenen Wochenende Marine Le Pens Partei „Rassemblement Nationale“ (RN) stärkste Kraft wurde. In Deutschland nimmt die unreflektierte Zustimmung durch Wähler zur – großenteils von rechtsextremistischen und anti-demokratischen Kräften beeinflussten – AfD und ihrer Jugendvertretung AJ vor allem in den östlichen Bundesländern zu. Auf der Bundesländer-Ebene droht auch in Deutschland in den Bundesländern Thüringen, Sachsen, Brandenburg, Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern eine Regierungsmehrheit für AfD.
Wenn zudem noch die Türkei unter Erdogans egomanisch- islamistischer Autokratie mit Einfluss auf die EU (Flüchtlings-Deals; doppelte Staatsbürgerschaft von Deutsch-Türken und Wahlen in Deutschland) und Deutschland dazu gezählt wird, sowie die nationalistischen Bewegungen in Schweden, Finnland und den baltischen Staaten, sind die Einflusskräfte nationalistischer und faschistisch-rechtsextremistischer Parteien auf den Gesinnungswechsel in der EU höchst bedenklich.
Dass mit der Verlagerung von der parlamentarischen Demokratie auf die „Parteien-Demokratie“ die Macht der Parteiführungen ausgedehnt wurde und die Gewaltenteilung meist konterkariert wird, sind weitere Mängel in der Struktur der Demokratie.
„Macht korrumpiert. Absolute Macht korrumpiert absolut“, lautet eine Aussage von „unbekannt“.
Die nachvollziehbaren moralischen Schwächen von Politikern in den Demokratien öffnet das Einfallstor für Anti-Demokraten. Ein aktueller Fall ist der Austritt der Ex-Grünen Bundestagsabgeordneten Melis Sekmen aus Mannheim (in den Bundestag haben sie die Wähler der Grünen gebracht!) und ihr Eintritt in die Bundestagsfraktion der CDU! Friedrich Merz kommt dieser Übertritt sehr gelegen und verteidigt diese Entscheidung mit „Bundestagsabgeordnete seien nur ihrem Gewissen verpflichtet“.
Dieser Aussage von Friedrich Merz ist kaum zu vertrauen, weil die Praxis der Fraktionsmitglieder eine andere Realität widerspiegelt. Die allem Anschein nach persönlichen Interessen der Melis Sekmen zu diesem Schritt stehen vor allem die Frage nach der moralischen Integrität gegenüber. Wer von Wählern der Grünen-Partei in das Abgeordneten-Mandat gewählt wurde, bleibt nicht vertrauenswürdig, wenn der Übertritt in eine Partei des politischen Wettbewerbers erfolgt. Vor allem bleibt der Übertritt unglaubwürdig, wenn er auf der Argumentationsschiene erfolgt, seinem „Gewissen verantwortlich und gefolgt zu sein!“ Denn der Fraktionszwang innerhalb der faktisch vorhandenen „Parteien-Demokratie“, die die parlamentarische Demokratie verdrängt hat, bleibt gerade auch in der CDU-Fraktion erhalten.
Wer seinem Gewissen zu folgen, in der alten Fraktion nicht mehr gewiss sein konnte, wie auch durch Merz argumentiert wird, hätte überzeugender sein Mandat behalten können, wenn er/sie als fraktionsloses Mitglied des Bundestages die Wahlperiode zu Ende gebracht hätte. Aber das hätte die Bedeutungslosigkeit enthalten und eine Wiederwahl-Chance so gut wie nicht enthalten! Das Fazit daraus kann deshalb nur lauten: das seidene Unterhemd ist der jungen Dame näher als die Verpflichtung der Wähler gegenüber, die sie auf einem anderen Ticket in die temporäre Vertretung geschickt hatten!
Zum „seidenen Unterhemd“ gehört, dass die Abgeordnetenentschädigung seit dem 1. Juli 2024 monatlich 11.227,20 Euro beträgt.