
Esther Bejarano – Überlebende des KZ Auschwitz-Birkenau – im Jahr 2017 bei einer Lesung in der ev. Christus-Kirche in Heinsberg
„Der 8. Mai war ein Tag der Befreiung. Er hat uns alle befreit von dem menschenverachtenden System der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft.“ – Bundespräsident Richard von Weizsäcker im Jahr 1985
Allerdings bedeutet der 08. Mai 1945 auch, dass die Millionen Mitläufer und ihre heimliche oder offene Unterstützung des Terrorsystems (und wo ist die Grenze zur Mittäterschaft?) ebenfalls Gelegenheit gegeben, sich ihrer Verantwortung – durch Schweigen, Wegsehen, Verweigerung von Hilfe für die Verfolgten oder durch Verrat an die Machthaber des Terrorsystems als aktive Beihilfe und opportunistisches Agieren und Gelegenheiten nutzend zur eigenen Vorteilsnahme – zu entziehen!
Bis weit in die Jetztzeit ist die von Alexander Mitscherlich und seiner Frau Margarete Mitscherlich im gemeinsamen Werk „Die Unfähigkeit zu trauern“ als Ausdruck der fehlenden Aufarbeitung des NS-Terrorsystems wirksam! Thema der Mitscherlichs war: sich mit dem Umgang der ehemaligen Anhänger Hitlers mit ihrer eigenen Verstrickung in Schuld und Untergang des Nationalsozialismus zu befassen!
Selbst bei den ehrenwerten Gedenkaktionen für die Opfer des Holocaust durch Ausstellungen als Aufklärungsarbeit von Geschichts- und Heimatvereinen überwiegen die Absichten, dass die Nachkommen der Mittäter in den Dörfern, Kommunen und Stadtteilen nicht zu sehr mit der „Aufklärungsarbeit und den Fakten über am NS-System beteiligten Familienmitgliedern“ konfrontiert werden!
Hier zeigt sich die Dialektik von „Aufklärung durch Fakten“ und dem „Schutz der Nachkommen der Mittäter“ einerseits, sowie dem Bemühen zur Versöhnung andererseits. Wenn letzteres ein Chapeau verdient, ist jedoch im Zuge der Zustimmung zu den Nachfolgern und dem Verharmlosen der NS-Zeit durch die AfD und ihre gesichert rechtsextremistische Einstufung die Frage notwendig, ob damit den Antidemokraten und Verfassungsfeinden nicht zu viel Rücksichtnahme entgegen gebracht wird?
Das Motto: „Gauner muss man Gauner nennen“ – und „NS-Anhänger muss man Nazis und Faschisten nennen“ wird der Wirklichkeit nicht mehr gerecht, wenn dieser Klarheit nicht mehr zugestimmt wird und in Folge dann die „wehrhafte Demokratie“ von den Neo- Nazis und rechtsextremistischen AfD-Mitglieder und – Wähler geschwächt wird.
Denn die Generation der unter den NS-Tätern betroffenen Überlebende des Holocaust (Juden, aber auch Sinti/Roma und Kriegsgefangene) stirbt und es sind immer wenigere, die den Menschen über diese Zeit aus eigener Erfahrung von ihrem Leid und den Kriegsverbrechen gegen die Menschlichkeit berichten können!
Esther Bejarano war eine Verfolgte und Überlebende des Holocaust und hat bis zu ihrem Lebensende Aufklärungsarbeit durch Fakten und Erzählungen in Schulen und Lesungen über ihren Lebenslauf geleistet.
Zweifel an der Friedensfähigkeit der Menschen – zwischen Gleichgültigkeit und Verzweiflung