Johannes von Heinsberg – Bildsprache – Wortsprache

Fotografie und Philosophie – Sehen und Erkennen

Qualitätsstreuung in der Serienproduktion bei Produkten versus bei Politiker

Tucholsky - Die Politik

Der Politiker – aus:  Wir Negativen, in: „Die Weltbühne“, 13. März 1919, Nr. 12, S. 279 

Relative Realitäten

Werden Produkte in Serie gefertigt, können viele Anwender bestätigen, dass die Bandbreite der Verarbeitung zu deutlich unterscheidbaren Qualitäten führt. Diese Erfahrung in gesicherten Ergebnissen nachvollziehbar zu machen, gelingt bei frischen Lebensmitteln am einfachsten. Denn es liegt in der Natur der Sache, dass zwar 250 Gramm Kabeljau schon in der Menge nicht immer der aufgedruckten Gewichtsinformation entspricht, aber besonders abweichend und unterschiedlich sein können, weil nicht jeder Kabeljau wie ein Ei dem anderen Kabeljau geschmacklich gleicht. Ist halt Natur. Die vielen Variationen und Abweichungen allen Lebendigen lassen nur den Naivling etwas anderes erhoffen.

Bei einem technischen Produkt wie einem Objektiv, das in Serie gefertigt wird, ist die Erwartung deutlich höher, dass zum Beispiel ein Fotoobjektiv vom selben Hersteller mit gleichen Ausstattungsmerkmalen dem anderen nicht nur im Aussehen, sondern auch in der Leistung verifizierbare gleiche Ergebnisse bringt. Nun ja, der Wunsch bleibt auch bei technischen Produkten Vater des Gedanken. Auch hundertstel Millimeter Abweichungen beim Zusammenbau der optischen und mechanischen Einzelteile eines solchen technischen Produktes werden Streuungen bei der Qualität der Ergebnisse bringen. Zudem wird der Hersteller eine Abwägung zwischen den Kosten der Qualitätssicherung und der zumutbaren Streuung bei den Ergebnissen vornehmen. Je näher die Fertigung an die absolute Qualität reicht, umso höher die Kosten. 

Was für ein Ti(c)ker ist der Poli-tiker?

Die Frage nach der Qualitätsstreuung bei Politiker darf weniger technisch, dafür eher real-satirisch verstanden werden. Obwohl aktuell diese Fragestellung nach der menschlichen, ethischen und moralischen Qualität sich aufdrängt, wenn der Blick unbestechlich und intensiv auf die Inhaber der  jeweiligen Regierungsmacht gerichtet wird.

Wer sich die Reihe der Regierungs-Chefs und -Chefinnen anschaut, den schüttelt sowohl das Grauen, wie auch das Zwerchfell aufgrund der Figuren: Trump, Putin, Orban, Erdogan, Kim Jong-un, Netanjahu, Meloni und nach der gewonnenen Präsidentschaftswahl in Polen neu – Karol Nawrocki! 

Im Denken und Handeln sind grundsätzlich die gleichen Ideen der Staatsführung durch Unterdrückung  und Ausschaltung der Gewaltenteilung als gleiche Vorgehensweisen beobachtbar, in dem autoritäres, menschenfeindliches, gewalttätiges und anti-demokratisches Handeln zur Machtausübung und  zum Machterhalt alltäglich Usus ist, von dem schon Kurt Tucholsky schrieb:

  • „Der Mensch ist ein politisches Geschöpf, das am liebsten zu Klumpen geballt sein Leben verbringt. Jeder Klumpen haßt die andern Klumpen, weil sie die andern sind, und haßt die eignen, weil sie die eignen sind. Den letzteren Haß nennt man Patriotismus.“ – S. 890 Tucholsky – in: Die Weltbühne 1931

Dass auch in Deutschland die Menschen sich fragen, wie groß die Qualitätsstreuung bei den eigenen Regierungsmitgliedern und den Politikern im Parlament  ist, wenn als Merkmale der Sachverstand, die Ethik und Moral, die Beachtung des Grundgesetzes und die Verteidigung der Demokratie gegen die inneren und äußeren Feinde der offenen Gesellschaft in den Blick genommen werden? 

Anlässe gibt es zuhauf beim Selbstverständnis der AfD in Sachen Demokratie. Oder beim CSU-Innenminister Dobrindt, der ein wenig Trumpsche Ignoranz der Gewaltenteilung und der Unabhängigkeit der Gerichte durch Umgehung der Urteile und des Verbots der Zurückweisung von Migranten an der Grenze praktiziert!

Dass  Wiederholungstäter wenig Einsicht zeigen, das betrifft die AfD im Besonderen und lässt sich beim Innenminister Dobrindt ebenfalls belegen, der schon als Verkehrsminister in der Merkel-Kanzlerschaft III von 2013-2018 mit der PKW-Maut für Ausländer gegen EU-Recht bewusst verstoßen hat. Sein Nachfolger im Amt Andreas Scheuer (ebenfalls CSU) setzte den von Dobrindt begonnenen Rechtsverstoß dann in Kraft und verursachte ein Urteil durch den EU-Gerichtshof mit einem Gesamtschaden von 560 Mill. € für Deutschland. 

Mit der Maßnahme der Zurückweisung von Migranten an den deutschen Grenzen wiederholt Dobrindt nun einen bewussten Verstoß gegen EU-Recht. Allem Anschein nach ist Dobrindt auf den Weg zum „Wiederholungstäter“ in seinem Amt als Minister.  Ergänzung: Juristische Meinung/Wertung bei LTO!

Die Gesinnung und die geplanten Mittel „entheiligen jeden Zweck!“ – Und das zum wiederholten Male!

Da kann nur mit Erich Kästner drauf geantwortet werden:

Der Zweck sagt ihr, heiligt die Mittel?
Das Dogma heiligt den Büttel?
Den Galgen?  Den Kerkerkittel?
Fest steht trotz Schrecken und Schreck:
Die Mittel entheiligen den Zweck!“

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