Wohl seh’ ich Leute, Wolk‘ an Wolk’;
Doch Leute machen noch kein Volk
Das sich als Eins gestalte. –
Friedrich von Sallet (1812 – 1843)
Wolken sind ebenso flüchtige wie faszinierende Gebilde. Sie erfreuten und ängstigenden seit jeher die Menschen – ob jung oder alt. Sie inspirierten und motivierten Dichter, Schriftsteller, bildende Künstler und Musiker zu ihren unvergesslichen Werken. Sie laden zum Träumen und zur Meditation ein. Doch zuweilen bedrohen sie Land und Menschen. Wolken sind in vielfältiger Weise „kreativ“. Brauen sich zusammen und gestalten den metaphorischen wie physikalischen Himmel als wäre er eine Leinwand oder ein Raum, der sich füllt mit Duft und Wassermassen.
Wolken füllen den Raum und bewegen mit ihren innewohnenden Kräften die Zeitabläufe. Spielen Schicksal für Land und Leute. Und sie bespielen die Emotionen in der Bandbreite von Erhabenheit und Ehrfurcht und gestalten das Gefühlsleben der Menschen von Furcht bis Glück.
„Wie die Wolken uns verraten, wohin hoch über uns die Winde laufen, so sind die leichtesten und freiesten Geister in ihren Richtungen vorausverkündend für das Wetter, das kommen wird. Der Wind im Tale und die Meinungen des Marktes von Heute bedeuten nichts für das, was kommt, sondern nur für das, was war.“ – Friedrich Nietzsche
- ER kann gebieten den Vögeln,
- Still zu sein auf der Flur?
- Und wer verbieten zu zappeln
- Den Schafen unter der Schur?
- Stell ich mich wohl ungebärdig,
- Wenn mir die Wolle kraust?
- Nein! Die Ungebärden entzwingt mir
- Der Scherer, der mich zerzaust.
- Wer will mir wehren zu singen
- Nach Lust zum Himmel hinan.
- Den Wolken zu vertrauen.
- Wie lieb sie mirs angetan?
Johann Wolfgang von Goethe
- »Der Stoff, das Material des Gedichts,
- Das saugt sich nicht aus dem Finger;
- Kein Gott erschafft die Welt aus nichts,
- Sowenig wie irdische Singer.
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- Aus vorgefundenem Urweltsdreck
- Erschuf ich die Männerleiber,
- Und aus dem Männerrippenspeck
- Erschuf ich die schönen Weiber.
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- Den Himmel erschuf ich aus der Erd‘
- Und Engel aus Weiberentfaltung;
- Der Stoff gewinnt erst seinen Wert
- Durch künstlerische Gestaltung.«
Heinrich Heine
Caput I (Deutschland ein Wintermärchen)
Heinrich Heine
- Im traurigen Monat November war’s,
- Die Tage wurden trüber,
- Der Wind riß von den Bäumen das Laub,
- Da reist ich nach Deutschland hinüber.
- Und als ich an die Grenze kam,
- Da fühlt ich ein stärkeres Klopfen
- In meiner Brust, ich glaube sogar
- Die Augen begunnen zu tropfen.
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- Und als ich die deutsche Sprache vernahm,
- Da ward mir seltsam zumute;
- Ich meinte nicht anders, als ob das Herz
- Recht angenehm verblute.
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- Ein kleines Harfenmädchen sang.
- Sie sang mit wahrem Gefühle
- Und falscher Stimme, doch ward ich sehr
- Gerühret von ihrem Spiele.
- Sie sang von Liebe und Liebesgram,
- Aufopfrung und Wiederfinden
- Dort oben, in jener besseren Welt,
- Wo alle Leiden schwinden.
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- Sie sang vom irdischen Jammertal,
- Von Freuden, die bald zerronnen,
- Vom Jenseits, wo die Seele schwelgt
- Verklärt in ew’gen Wonnen
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- Sie sang das alte Entsagungslied,
- Das Eiapopeia vom Himmel,
- Womit man einlullt, wenn es greint,
- Das Volk, den großen Lümmel.
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- Ich kenne die Weise, ich kenne den Text,
- Ich kenn auch die Herren Verfasser;
- Ich weiß, sie tranken heimlich Wein
- Und predigten öffentlich Wasser
- Ein neues Lied, ein besseres Lied,
- O Freunde, will ich euch dichten!
- Wir wollen hier auf Erden schon
- Das Himmelreich errichten.
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- Wir wollen auf Erden glücklich sein,
- Und wollen nicht mehr darben;
- Verschlemmen soll nicht der faule Bauch,
- Was fleißige Hände erwarben.
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- Es wächst hienieden Brot genug
- Für alle Menschenkinder,
- Auch Rosen und Myrten, Schönheit und Lust,
- Und Zuckererbsen nicht minder.
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- Ja, Zuckererbsen für jedermann,
- Sobald die Schoten platzen!
- Den Himmel überlassen wir
- Den Engeln und den Spatzen.
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- Und wachsen uns Flügel nach dem Tod,
- So wollen wir euch besuchen
- Dort oben, und wir, wir essen mit euch
- Die seligsten Torten und Kuchen.
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- Ein neues Lied, ein besseres Lied!
- Es klingt wie Flöten und Geigen!
- Das Miserere ist vorbei,
- Die Sterbeglocken schweigen.
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- Die Jungfer Europa ist verlobt
- Mit dem schönen Geniusse
- Der Freiheit, sie liegen einander im Arm,
- Sie schwelgen im ersten Kusse.
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- Und fehlt der Pfaffensegen dabei,
- Die Ehe wird gültig nicht minder –
- Es lebe Bräutigam und Braut,
- Und ihre zukünftigen Kinder!
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- Ein Hochzeitkarmen ist mein Lied,
- Das bessere, das neue!
- In meiner Seele gehen auf
- Die Sterne der höchsten Weihe –
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- Begeisterte Sterne, sie lodern wild,
- Zerfließen in Flammenbächen –
- Ich fühle mich wunderbar erstarkt,
- Ich könnte Eichen zerbrechen!
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- Seit ich auf deutsche Erde trat,
- Durchströmen mich Zaubersäfte –
- Der Riese hat wieder die Mutter berührt,
- Und es wuchsen ihm neu die Kräfte.
Die Kunsthalle Emden präsentiert die Ausstellung „Dem Himmel so nah – Wolken in der Kunst“ vom 24. Mai – 02. November 2025.
„Die Kunsthalle Emden widmet dem vielschichtigen Thema eine umfangreiche Ausstellung, die auch eine Hommage an den ostfriesischen Himmel ist. Gezeigt werden Werke aus verschiedenen Epochen und Gattungen, von der klassischen Landschaft bis zur zeitgenössischen Installation. Der Himmel lässt sich so in seiner poetischen wie politischen Dimension neu entdecken – aber auch als Spiegel des Inneren und als Zeichen unserer Zeit verstehen.“
Unter dem Link kann ein Faltblatt heruntergeladen werden.
Alltagsschnipsel: Im Westen und Osten nichts Neues – weder beim Wetter, noch im Denken und Handeln
Version vom 16.08.2025 / 08:00 Uhr